Monday, August 10, 2009

Im Wortgefecht mit der Partei Gottes


Am 14.Juli explodierte urplötzlich ein augenscheinlich verlassenes Gebäude im kleinen südlibanesischen Dorf Hirbit Salim. Die Ruine erschien unbewohnt und ungenutzt, in Wahrheit befand sich unter ihr ein Waffen- und Munitionslager der Hisbollah.
Laut der UN-Resolution 1701 ist es Hibsollah nicht erlaubt Militärgerät südlich des Litani-Flusses zu lagern. Angeblich ausgelöst durch ein Feuer soll der unterirdische Bunker in einer Explosion zerstört worden sein.

Für Hisbollah, so vermuten die Israelis, sei dieser Vorfall ein beschämendes Ereignis dass die Nicht-Einhaltung der UN-Bestimmungen beweist und gleichzeitig die Schwäche der Partei Gottes offenbart. Eine spektakuläre Aktion gegen israelische Ziele könnte nun nötig sein um das Bild der unbesiegbaren Guerilla-Streitmacht wieder zurecht zu rücken, dies befürchtet zumindest der israelische Mossad.
Immer noch ist es Hisbollah nicht gelungen Rache zu üben für ihren 2008 getöteten militärischen Chef Imad Mugniyeh. Letztes Jahr vereitelten wohl Sicherheitskräfte in Aserbaidschan einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Baku, ägyptische Ermittler sprengten eine Hisbollah Zelle auf der Sinai-Halbinsel die versucht haben soll Attentate auf israelische Touristen zu verüben. Jüngst erst stießen die Ägypter dann auf Pläne der Hisbollah den israelischen Botschafter in Kairo zu ermorden.

Israelis im Urlaub sind das Ziel

330,000 Israelis machten sich bereits in der ersten Augustwoche auf in den Sommerurlaub, weitere hunderttausend folgen noch bis Oktober. Die meisten Urlauber zieht es nach Ägypten oder in die Türkei, viele auch nach Frankreich, Deutschland, Italien, England, die USA und Thailand. Alleine durch den israelischen Grenzübergang Taba nach Ägypten reisten seit Anfang August 40,000 Israelis.
Die Sicherheitskräfte in den Urlaubsorten sind besonders wachsam, da der israelische Geheimdienst vermutet Hisbollah wolle genau dort zuschlagen wo es viele weiche israelische Ziele treffen könnte. Touristen werden besonders abgeschottet, Spezial-Shuttles bringen sie vom Flughafen in die Hotels.

Krieg der Worte

Israels Premier Netanyahu erklärte man hoffe in nächster Zeit nicht mit einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit Hisbollah rechnen zu müssen. Er schickte aber auch harsche Worte gen Beirut. Man werde die libanesische Regierung "zur Verantwortung ziehen für jede Aggression die aus diesem Territorium kommt". Sollte Hisbollah Teil der neuen Regierung in Beirut werden müssten alle Parteien und Politiker wissen dass jede Handlung Hisbollah´s zu Konsquenzen für den gesamten Libanon führen wird.

Die Warnung kommt nur knapp eine Woche nachdem ein ranghoher Kommandeur der IDF Nordfront einer britischen Zeitung sagte der Konflikt im nördlichen Israel könnte "jederzeit explodieren". Über 40,000 Raketen, davon geht inzwischen auch der Mossad aus, befinden sich aktuell im Arsenal der Hisbollah, die Organisation hat nach dem Krieg 2006 mindestens wieder zur alten Stärke zurückgewonnen. Einige ihrer iranischen Geschosse sollen eine Reichweite bis Tel Aviv besitzen, neue Boden-Luft-Raketensysteme könnten für Israels Luftwaffe gefährlich werden.

Gestern ließ ein Hisbollah Sprecher verlauten, sollte Israel den Libanon erneut angreifen, würde die schiitische Guerillaorganisation in einem Maße reagieren welches den Krieg vor drei Jahren "wie einen Scherz" aussehen lassen würde.
Daniel Ayalon, stellvertretender Außenminister Israels reagierte prompt: "Wir auch nur ein Haar auf dem Kopf eines israelischen Repräsentanten oder Touristen gekrümmt werden wir Hisbollah in vollen Ausmaß verantwortlich machen!"

Vor wenigen Stunden dann die Meldung Augenzeugen berichten von israelischen Militärfahrzeugen die in der Nähe der umstrittenen Shabaa-Farmen nahe der libanesischen Grenze Stellung beziehen würden. Die libanesischen Streitkräfte seien daraufhin in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden, meldete die Haaretz.

Runde 2 im Spiel "Hisbollah vs Israel"?

Israel rechnet fest damit dass Hisbollah Rache üben wird für Imad Mughniyeh´s Ermordung. Wo und wann diese Racheaktion stattfindet kann nur vermutet werden, dass sie aber demnächst kommen wird steht für den Mossad außer Frage. Gerade unter dem Druck die Schmach des vernichteten, illegalen Waffenlagers wieder gut zu machen, muss Hisbollah reagieren und Schlagkraft beweisen.

Im Moment ist es ein Schlagabtausch der Worte. Hisbollah ist auf die uneingeschränkte Unterstützung des Iran und Syriens angewiesen. Mit der protestierenden Opposition, dem Druck aus dem Ausland, den Gerichtsprozessen gegen westliche Botschaftsangehörige und verirrte Touristen könnte sich das Mullah-Regime eine mediale Ablenkung nur wünschen. Allerdings käme eine zweite Runde im Kampf David gegen Goliath, nur in vertauschten Rollen, zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Iran´s wirtschaftliche Lage entwickelt sich schlecht, Millionen für das libanesische Kriegsspiel aufzubringen fällt Teheran schwer.
Da Hisbollah nur als verlängerter Arm Ahmadinejads in der Region erachtet wird, geht es Israel bei einem Kampf gegen Partei Gottes um mehr als nur um territoriale Sicherheit, es geht um die Bewahrung vor weiterem, größeren Übel.
Die Kriegswochen des Jahres 2006 waren eine politische Niederlage für den jüdischen Staat, Soldaten wie Zivilisten verloren ihr Leben, Hisbollah hat die Raketenbatterien längst wieder aufgefüllt und ihren Staat im Staate mit aller Macht aufrecht erhalten. Nur alleine um dieses Bild aus israelischer Sicht wieder zurecht zu rücken würde man keinen zweiten Krieg wagen.

Alte Rechnungen und neue Schwäche

Viel gewichtiger ist Hisbollahs Situation in der libanesischen Politik. Anders als erwartet wurde sie bei der Wahl im Juni abgestraft. Rafik Hariri´s Sohn übernimmt das Erbe seines Vaters und bringt somit die Syrien-Gegner an die Macht im Zedernstaat. Hisbollah ist auf den zweiten Platz verwiesen worden, abhängig auch von der Gunst der Machthaber die immer weniger gewillt sind eine iranische Söldnerarmee im eigenen Land zu akzeptieren. Um die Unterstützung der nicht-schiitischen Libanesen, der Mittel- und Oberschicht nicht zu verlieren und Macht einzubüßen muss Hisbollah beweisen dass nur sie den Libanon vor der israelischen Bedrohung schützen kann. Dass sie gleichzeitig Auslöser und Bewahrer spielen wird ist den meisten Libanesen längst klar. Ihre Provokationen an der südlichen Grenze tragen dazu bei dass Israels Interesse am nördlichen Nachbarn nicht schwindet. Die schiitischen Gotteskrieger, bis an die Zähne bewaffnet und blind Teheran gehorchend, sind ein schmerzender Dorn im Auge Israels. Nur zähneknirschend konnte man die Kriegshandlungen beenden und das Gebiet bis zum Litani wieder den Partisanen überlassen.
Hassan Nasrallah schwor einst: "Gäbe es Hisbollah nicht, wäre Israel morgen wieder vor Beirut!" - gäbe es Hisbollah nicht müssten die Israelis nicht bis nach Beirut.

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