Tuesday, August 31, 2010

Baccha Baazi - Afghanistans minderjährige Sexsklaven


In Afghanistan wird unter den Augen der westlichen Truppen eine totgeschwiegene Form des Kindesmissbrauchs praktiziert. Minderjährige Jungen werden von mächtigen Männern als Sexsklaven ausgebeutet, und alles scheint gesellschaftlich akzeptiert.


Eine Hütte irgendwo in Afghanistan. Es herrscht Partystimmung, die anwesenden Männer sitzen auf dem Boden, einige spielen Instrumente, andere singen. In ihrer Mitte springt und wirbelt ein kleiner Junge. Er trägt seidene Frauenkleidung, um seine Handgelenke sind Glöckchen gebunden. In femininen Bewegungen tanzt der Junge zum Rhythmus des Tamburins. Das Publikum ist begeistert, es kann die Blicke kaum abwenden vom Knaben-Tänzer.

Die hier beschriebene Szene ist keine harmlose, afghanische Dorftradition, denn der Kindertänzer wird nach seinem Auftritt mindestens einen der Herren aus dem Publikum sexuell befriedigen müssen. Er ist ein Sexsklave und wird als solcher regelmäßig missbraucht.

Was sich nach einem schockierendem Einzelfall anhört, handelt sich um eine im Westen kaum wahrgenommene, in Afghanistan aber weit verbreitete Form der Kinderprostitution. Sie ist tief verwurzelt in der afghanischen Gesellschaft und weitestgehend akzeptiert.

Baccha Baazi (Jungen-Tanz) heißt dieser schockierende Ritus und wird angeblich seit Jahrhunderten in Afghanistan praktiziert. Kleine Jungen bis zum Alter der Pubertät werden versklavt, und zu Tänzern für Sexpartys ausgebildet. Meist stammen sie aus ärmlichen Familien auf dem Land, werden als Waisen von der Straße geholt oder schlichtweg entführt.
Die "Bacchis", so der Name der tanzenden Jungen, werden zum Eigentum mächtiger Kriegsfürsten, lokaler Polizeichef und reicher Geschäftsmänner.

In Frauenkleidung, mit Glöckchen an Hand- und Fußgelenken vollführen sie vor ausschließlich männlichem Publikum ihre einstudierten Tänze. Dazu wird Musik gespielt, oft werden Lieder über unerwiderte Liebe und Begierde angestimmt. Teilweise finden regelrechte Wettbewerbe zwischen den Tanzjungen verschiedener "Besitzer" statt.
Nach der offiziellen Ende der Tanz-Darbietung werden die minderjährigen "Bacchis" dann von ihrem Herren und oft auch dessen Gäste sexuell missbraucht. Sie sind gleichzeitig Unterhaltungskünstler und Zwangsprostituierte.

Zur Zeiten der Taliban-Herrschaft waren die Jungentänze zumindest offiziell verboten, mittlerweile fluoriert diese Unterhaltungsindustrie. Händler bieten DVDs an, auf denen Baccha Baazi-Abende zu sehen sind, einige Zuhälter haben sich auf das Tanz-Training der Jungen spezialisiert und lassen die Kinder danach anschaffen...

Weiterlesen bei WELT Online

http://www.welt.de/politik/ausland/article9189064/Baccha-Baazi-Afghanistans-Kinderprostituierte.html

Monday, August 23, 2010

Der Fall Boudlal - Kulturkampf in Disney-Land




Im "Storyteller´s Café" des Grand Californian Hotel & Spa von Disney Land Anaheim bei Los Angeles erinnert nichts an Streit und Kulturkampf. Eine friedliche, heile Welt, in der Familien beim Frühstück oder Lunch in die zauberhafte Welt von Walt Disney abtauchen sollen. Mitarbeiter in Skinktier-, Hasen- oder Micky-Mouse Kostümen treiben ihre Späße mit den kleinsten Gästen, während die Eltern ihr Essen genießen können. "Happiest Place on Earth" - so die Selbstdeklaration des Disney-Konzerns.

Vor einer Woche war Schluss mit happy im "Storyteller´s Café". Imane Boudlal, eine junge Frau, die seit zwei Jahren als Empfangsdame im Disney-Restaurant arbeitet, kam am vorvergangenen Sonntagmorgen wie gewöhnlich zur Arbeit. Irgendetwas aber war anders an ihr. Sie trug ein Kopftuch.

Die junge Marokkanerin, die erst vor kurzem US-Staatsbürgerin wurde, hatte sich im Laufe des aktuellen Ramadan entschieden, die religiöse Kopfbedeckung anzulegen. Schon im Juni hatte sie ihre Vorgesetzten informiert, sie wolle ab sofort den Hijab tragen. Dies müsse erst mit der Geschäftsleitung abgeklärt werden, hieß es damals. Auf eine Erlaubnis oder Absage wartete Boudlal vergeblich. Also entschied sich die amerikanische Muslima den Schleier anzulegen.

Noch am selben Tag als sie mit Kopfbedeckung zur Arbeit im Disney´s Grand Californian Hotel erschien, erklärten ihr die Vorgesetzten, sie müsse das Kopftuch ablegen oder eine Tätigkeit hinter den Kulissen, ohne Kundenkontakt, ausüben. Imane Boudlal weigerte sich den Hijab abzunehmen und verließ das Restaurant.

Drei Tage später, am vergangenen Mittwoch reichte Boudlal eine Beschwerde der Diskriminierung am Arbeitsplatz bei der "U.S. Equal Employment Opportunity Commission" ein. Kurz darauf startete sie einen neuen Versuch mit Kopftuch ihrer Arbeit nachzugehen.
Umringend von Journalisten, Fotografen und muslimischen Freunden und Unterstützern zog sie zum Disney-Hotel und erklärte, sie sei gewillt hier zu arbeiten, werde jedoch weiter ihr Kopftuch tragen

Obwohl sie bis auf den Hijab in ihrer regulären Arbeitsuniform erschien, forderte man Boudlal erneut auf den Schleier abzulegen oder im Hintergrund zu arbeiten. "Schickt mich nicht nach hinten", entgegnete die Muslima.

"Ich wurde nach Hause geschickt", sagte Boudlal als sie das Restaurant verließ, "Ich dachte heute wäre ein Glückstag, weil ich meine Freunde und Unterstützer bei mir habe."
Disney reagierte inzwischen auf den Vorfall und ließ verlauten, es sei keine Frage der religiösen Symbolik. Einige Mitarbeiter trügen ebenfalls religiöse Kleidung, aber nicht in einem Arbeitsbereich mit Kundenkontakt.
"Mrs.Boudlal darf bei uns arbeiten"
, sagte eine Sprecherin des Konzerns, "Wir haben ihr eine Stelle hinter den Kulissen angeboten, als sie die letzten Male zur Arbeit erschien."
Ganz allgemein gehe es darum, dass in den Disney-Einrichtungen eine gewisse Kleiderordnung vorliege. Mitarbeiter müssten Kostüme tragen, und dazu passe nunmal kein Kopftuch. Die Personalabteilung schlug Imane Boudlal daher vor, beispielsweise einen Hut als Kopfbedeckung zu tragen.

Leigh Shelton, die Gewerkschaftssprecherin, die Imane Boudlal in ihrem Streit mit Disney vertritt erklärte: "Wir wussten dass Disney sehr sensibel reagiert, wenn es um das öffentliche Image geht. Deshalb haben wir gesagt: Geh an die Öffentlichkeit damit."

Saturday, August 21, 2010

"Blackwater"-Gründer Erik Prince flieht aus den USA



Jahrelang stand er im Dienst der USA, als loyaler Helfer, der überall dort zum Einsatz kam, wo das Kriegsgeschäft zu schmutzig wurde für die eigenen Truppen. Er galt als Profiteur sowohl des Irak- als auch des Afghanistankrieges, als Branchen-Revoluzzer, der es als erster verstand, Konflikte in Übersee zu einem multimillionendollar Geschäftsmodell zu machen.
Vor juristischen Folgen seines Handels fühlte sich der selbsternannte Patriot Erik Prince sicher, die Nähe zum Ex-US-Präsidenten George W.Bush, seine evangelikalen Ansichten, die er mit dem Großteil der Neo-Cons in Washington teilte, waren Garanten dafür dass sein Söldner-Imperium "Blackwater" weitestgehend verschont blieb von Anklagen wegen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen.

Nun kehrt Erik Prince seinem größten Auftraggeber den Rücken. Wie die "New York Times" berichtet, zog der "Blackwater"-Gründer vor kurzem samt Ehefrau und den drei Kindern aus den USA nach Abu Dhabi. Kollegen berichten, Prince wolle von dort aus sein neues Sicherheitsunternehmen, die Blackwater-Nachfolgefirma "Xe Services", in den Dienst verschiedener Regierungen in Afrika und Nahost stellen und so die Privatisierung von Kriegen vorantreiben. "Er braucht eine Pause von Amerika", so erklärt es ein enger Freund.

Im Mai hatte Prince, der gebürtiger Niederländer ist, während einer Rede beim Tulip Time Festival erklärt, er stehe immer für Werte wie Loyalität, hartes Arbeiten und Aufopferung ein. "Dies ist der holländische Weg und es ist jetzt der einzige Weg", so der 41jährige, "und jetzt liegt es am mir diese Werte an meine Kinder weiterzugeben." Holland, so Prince, werde dabei immer seine wahre Heimat bleiben.

Die US-Anwältin Susan Burke sieht in Princes Auswanderung an den arabischen Golf eine Flucht vor der Justiz. Sie hat insgesamt sieben Anklagen gegen Erik Prince und seine Mitarbeiter eingereicht und möchte ihn vor Gericht sehen, notfalls in dem sie ihn bis ins Ausland verfolgt.
Prince habe erklärt, er müsse bis zum 15.August in Abu Dhabi sein, weil dann das Schuljahr für seine Kinder beginne. Dabei scheint unklar, welche englischsprachige Schule der Vereinigten Arabischen Emirate tatsächlich im August den Lehrbetrieb wieder aufnimmt.

Burka ließ wissen, dass sie Prince in jedem Fall verfolgen und juristisch anprangern werde, egal wo er sich versteckt halte. "Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg eben zum Propheten kommen", so Burges Ehemann Jamison Koehler.

Erik Prince hatte das Sicherheitsunternehmen "Blackwater" 1997 ins Leben gerufen und damit die Privatisierung des Krieges in die Tat umgesetzt. Milliardenschwere Verträge mit der US-Regierung während der Anti-Terror-Kriege ließen seine Firma, die primär Ex-Militärs als Sicherheitsdienstleister ("contractors") anheuerte, zu einem Söldner-Imperium heranwachsen.
Ein gewaltiges Trainingsgelände in North Carolina diente zur Ausbildung der Männer und Frauen, die Prince als hochbezahlte Miet-Soldaten in den Irak und nach Afghanistan schickte.

Aus Washington erhielt "Blackwater" für seine Arbeit offenbar Freifahrtsscheine, die ihnen erlaubten in einer Art rechtsfreien Zone zu agieren. Misshandlungen von Gefangenen, Entführungen bis hin zum blutigen Zwischenfall im Jahr 2007, bei dem "Blackwater"-Mitarbeiter auf einem Marktplatz im Irak 17 unbewaffnete Zivilisten erschossen.

Um ein positives Image für seine Tätigkeit war Prince nie bemüht. Er hielt sich im Hintergrund und mied die Öffentlichkeit. Für die Bush-Administration war der religiöse Fundamentalist, der an eine Endschlacht zwischen Gut und Böse, zwischen Christentum und Islam glaubt, deshalb der Mann für´s Grobe, eine nützliche Marionette, die leider schmutzige, blutige Flecken hinterließ.
Bislang verurteilten US-Gerichte lediglich fünf Mitarbeiter von "Blackwater" zu Haftstrafen für ihr unrechtes Vorgehen im Irak. Ihr ehemaliger Chef allerdings blieb unbehelligt.

Prince löste "Blackwater" auf und meldete sein neues Unternehmen unter dem Namen "Xe Services" an. Die Trainingsfarm in North Carolina verkaufte er im Juni, da er bereit länger mit dem Gedanken spielte, die USA zu verlassen. Diesen Schritt vollzog er nun. Sicherlich auch, weil er sich verraten fühlt von dem Land für dessen Kriege seine Söldner starben und kämpften. Dabei ist Prince sehr wohl bewusst, dass Amerikas Kriege mehr denn je auf Schattenkrieger angewiesen sind, die außerhalb des Scheinwerferlichts der Medien agieren. Wer glaubt der Boom der Söldnerbranche hätte ein Ende, täuscht sich. Gescheiterte oder im Zerfall begriffene Staaten wie Somalia, Jemen, Pakistan oder Kirgisien, speisen die Mühlen von "Xe Services & Co.".

Die Privatisierung des Krieges hat auch unter Präsident Obama kein Ende, im Gegenteil. Will der neue Mann im Weißen Haus sein Versprechen einlösen, und die eigenen Truppen nach Hause holen, dann bedeutet dies keineswegs ein Ende amerikanischer Präsenz. Soldaten ohne Uniform füllen die Lücken, die US-Truppen hinterlassen. Und ein weiteres Geschäftsfeld des Erik Prince wurde noch nicht einmal richtig erschlossen: Die Privatisierung der Geheimdienste steht erst noch bevor.

Thursday, August 19, 2010

Israels kleine Abu Ghraibs



Israelische Soldaten posieren für ein "Trophäenfoto"

E
den Abargils Fotoalbum auf ihrer Facebook-Seite klang zunächst recht harmlos: "Army...the best time of my life". Die junge Israeli wollte Freunden und Bekannten zeigen, wie sehr sie ihren 22monatigen Wehrdienst in den "Israeli Defense Forces" (IDF) genossen hat. Viele Fotos zeigen Abargil in komischen Posen, bei neckischen Spielen mit Kameraden und beim Grimassenschneiden.
Doch mindestens zwei Fotos erregten vor wenigen Tagen das Interesse der israelischen Medien. Sie zeigen IDF Lieutenant Eden Abargil posierend neben gefesselten Palästinensern, denen die Augen verbunden wurden.

Von einem Einzelfall spricht nun das israelische Militär. Eine junge Soldatin, die verantwortungslos, geschmacklose Dokumente ihrer Armee-Zeit öffentlich machte. Alltäglich seien solche Aktionen innerhalb der israelischen Streitkräfte keinesfalls, betonen die IDF-Sprecher. Anders sieht das die Menschenrechtsorganisation "Breaking the Silence", die 2004 über 700 israelische Soldaten und Veteren zu ihren Einsätzen in den Palästinenser-Gebieten befragt hat. Die Interviews dokumentieren auf erschreckende Weise, welche moralischen Abgründe sich stellenweise auch in Israels Militär auftun.

"Breaking the Silence" errang im Frühjahr 2009 einige Aufmerksamkeit, als die Gruppe israelischen Soldaten Erfahrungsberichte und Geschichten von angeblichen Kriegsverbrechen während der Gaza-Offensive "Operation Cast Lead" entlockte. Damals sollen Zivilisten als Schutzschilder gegen Hamas-Kämpfer eingesetzt worden sein. Israelische Soldaten hätten Teenager in verminte Häuser geschickt, so ein Vorwurf von "Breaking the Silence". Zudem hätten Scharfschützen berichtet, sie seien gezielt darauf gedrillt worden Zivilisten in Gaza zu erschießen.



Nach der Veröffentlichung von Eden Abargils Fotos am Wochenende, verschafft sich "Breaking the Silence" nun erneut Gehör. Die Facebook-Fotos der jungen Soldaten, die grinsend vor gefesselten greisen Palästinensern posiert, seien nur "die Spitze des Eisberges", so die Mitarbeiter von "Breaking the Silence".
Sie sei geschockt gewesen, so ein Sprecher der Menschenrechtsgruppe, als die IDF behauptete, Abargils Fotos seien "isolierte Einzelfälle". "Wir haben solche Fotos seit sechs Jahren immer wieder präsentiert", so Yehuda Shaul.

Gleichzeitig veröffentlichte "Breaking the Silence" weitere Aufnahmen der vergangenen Jahre, in denen zu sehen ist, wie israelische Soldaten vor palästinensischen Gefangenen, und offenbar auch vor schwerverletzten und toten Palästinensern posieren. Ein Bild erinnert an ein Trophäenfoto - drei bewaffnete israelische Soldaten knien stolz hinter der Leiche eines palästinensischen Mannes.

Mindestens eintausend solcher Aufnahmen will "Breaking the Silence" besitzen. "Die Reaktionen der letzten Tage zeigen, dass sich niemand über die Realitäten der Besatzung im Klaren ist", erklärte BtS-Sprecher Shaul. Seine Gruppe habe bereits vor Jahren in Tel Aviv ähnliche Fotos ausgestellt, damals, in der Phase der palästinensischen Selbstmordanschläge, habe jedoch kaum jemand davon Notiz genommen.

Die Tatsache, dass die IDF ein sehr junges Militär sind, so sagen Beobachter sei wohl ausschlaggebend für das unverantwortliche Handeln der Soldaten und Soldatinnen. Israelische Männer dienen ab ihrem 18 Lebensjahr mindestens drei Jahre in der Armee, Frauen sind zu einem 22monatigem Wehrdienst verpflichtet. Den jungen IDF-Soldaten scheint die Tragweite ihrer lustig gemeinten Fotodokumente nicht klar zu sein. In Zeiten von Facebook, Twitter und MySpace werden die Momentaufnahmen einer langen Zeit im Dienste und zur Verteidigung eines ständig bedrohten Staates, wie Lauffeuer verbreitet.

In Israel hat die Diskussion über Moralverfall und Menschenverachtung innerhalb der Streitkräfte gerade erst begonnen. Von einem echten "Abu Ghraib" möchte niemand sprechen. Was auf den Fotos zu sehen sei, seien vielmehr Kinder, denen jeglicher Respekt und auch die oft innerhalb der IDF so hochgelobte Disziplin fehle.
Unweigerlich stellt sich dennoch die Frage: Findet durch die Besetzung palästinensischer Gebiete, durch die jahrelange Terrorangst und die andauernden Feindseligkeiten nicht eine Abstumpfung statt? Wird der palästinensische Gefangene nicht entmenschlicht durch die Order von Oben Terror gegen den israelischen Staat um jeden Preis zu unterbinden?

"Was soll daran falsch sein? Ich versteh das nicht", fragte Lieutenant Abargil vorgestern im israelischen Armee-Radio, "Es ist keine Gewalt auf den Bildern zu sehen." Was nicht bedeutet, dass es keine Gewalt gab.

Die Soldatin deren Facebook-Fotos den medialen Sturm der Entrüstung losgetreten haben, hat eine eigene Erklärung: "Die Leute werden immer irgendetwas finden, was sie gegen Eretz Israel sagen können - wir sind kein Volk mit vielen Freunden und die Leute werden uns bei kleinster Gelegenheit angreifen."

Tuesday, August 17, 2010

Usbekischer Dschihad-Führer Yuldashev offiziell tot



"Bin Laden Zentralasiens", ein "usbekisches Monster", der "brutalste Taliban-Söldner" - Tahir Yuldashev, der Anführer der "Islamischen Bewegung Usbekistans" hatte viele Namen. Für seine Anhängerschaft war er nur der "Emir", ihr ranghöchster Kommandant, mit Kampfnamen "Mohammad Faruq".

Yuldashev, so bestätigte es nun die IBU, weilt nicht mehr unter den Lebenden. Die IBU feiert ihren Emir als "Märtyrer" und veröffentlicht Fotos seiner Leiche. Wie und wann genau der usbekische Dschihad-Führer ums Leben kam, bleibt unklar. Erste Mutmaßungen deuten jedoch darauf hin, dass die Todesmeldung lediglich eine Bestätigung sein könnte für erste Gerüchte aus dem Herbst 2009.

Über einen usbekischen Radiosender hatte ein angeblicher Leibwächter Yuldashevs im September 2009 erklärt, der bullige Islamist sei kurz nach dem tödlichen Raketenangriff auf den pakistanischen Talibanchef Baitullah Mehsud, ebenfalls durch eine US-Drohne getötet worden.
Amerikanische wie pakistanische Geheimdienste bestätigten wenig später, nach ihrer Erkenntnis sei Tahir Yuldashev am 27.August 2009 in Süd-Waziristan von einer amerikanischen Rakete schwer verletzt worden. Er soll ein Bein und einen Arm verloren haben und wurde schwerst verwundet in ein Krankenhaus in der südpakistanischen Provinz Belutschistan gebracht, wo man nur noch seinen Tod feststellen konnte.

Von der IBU gab es zu diesen Meldungen keinerlei Kommentar. In der andauernden Propagandaflut gab es keine Anzeichen dafür, dass der charismatische Anführer nicht mehr am Leben sein könnte. Weiter wurden Ansprachen und Kampfszenen von Yuldashev in die Propagandavideos eingebaut, anderen Märtyern wurde gehuldigt - doch vom Tod Yuldashevs kein Wort.



Jetzt ist es offiziell, hinterlässt jedoch einige Fragen, primär jene nach dem wo und wie. Nur aus den Fotos seiner Leiche lässt sich nicht sagen unter welchen Umständen Yuldashev starb.
Für die NATO und für Pakistans Sicherheitskräfte ist der Tod des Usbeken ein Segen.
Yuldashev, geboren 1967 im südusbekischen Fergana, galt als entscheidender Machtfaktor am Hindukusch. Er hatte die IBU Anfang der 1990er Jahre in Usbekistan gegründet hatte, mit dem Ziel die zentralasiatischen Regime der GUS zu stürzen und ein islamisches Kalifat zu gründen, das die Territorien von Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisien, Kasachstan und Turkmenistan einschließt.

Zu diesem Zweck rekrutierte er als junger Prediger die verzweifelten, perspektivlosen Jugendlichen in den muslimischen Gemeinden der zerfallenen Sowjetunion. Hunderte Zentralasiaten schlossen sich ihm an und bildeten eine multiethnische, aber usbekisch und turkstämmig dominierte Kampftruppe, die zunächst in Afghanistan unter den Taliban Ausbildungscamp betrieben und nach 9/11 ins benachbarte Pakistan flohen.

Kämpfer der IBU - Usbeken, Tadschiken, Russen, Tschetschenen, Uiguren, Tartaren Araber, Europäer - sind seit den 1990er Jahren an den verschiedenen Fronten in und um Afghanistan vertreten. Yuldashev selbst soll in Tadschikistan in den Dschihad gegen das kommunistische Regime gezogen sein, ebenso in Kirgisien und als Kommandeur der Mudschaheddin während der US-Operation "Anaconda" in den Bergen von Paktika im Jahr 2002.

Pakistan ist heute das Hauptaktionsfeld der IBU, die sich in den Stammesgebieten eingenistet hat und als loyale Söldnertruppe für verschiedene Taliban-Fürsten einsteht. Unter Baitullah Mehsud´s Herrschaft in Süd-Waziristan sollen Yuldashevs Kämpfer als Leibwächter und "Männer fürs Grobe" agiert haben. In Gefechten fürchteten die pakistanischen Soldaten besonders sie - die Brutalität und Kampfeshärte der Usbeken gilt in Waziristan als legendär.
Mit al-Qaida dürfte die IBU auch erhebliche Schnittmengen haben. Ihre Nähe suchte besonders Yuldashev, von dem einige Quellen behaupten er säße in der "Shura" al-Qaidas, dem Führungsgremium. Videos zeigen ihn auch tatsächlich an der Seite von Bin Laden Vize Ayman az-Zawahiri.

Unter dem Oberbefehl der Taliban sickerte die IBU in den vergangenen Jahren ins nördliche Afghanistan und hat inzwischen in der Provinz Kunduz eine Machtbasis errichtet. Bis zu 80 IBU Kämpfer terrorisieren dort ISAF-Truppen wie afghanische Verbündete.
Einen "Unter-Kommandeur" der IBU namens "Abu Bakir" wurde am vergangenen Wochenende durch einen US-Luftangriff auf ein Gehöft in Kunduz getötet. Zu diesem Zeitpunkt soll der Dschihadist vier Selbstmordattentäter in seinem Haus beherbergt und auf Anschläge vorbereitet haben.


Der neue Emir der IBU - Usman Odil

Ob Tahir Yuldashev in Afghanistan oder Pakistan starb, wird sicherlich demnächst von Seiten der IBU bekannt gegeben werden. Ein Video soll bald erscheinen, die Nachfolge von Yuldashev aber ist schon geklärt: Osmon Odil, ein vergleichsweise junger, fast bartloser aber kampferprobter Kämpfer wird der neue Emir der IBU.

Monday, August 16, 2010

Der "20.Attentäter" - Fotos von Ramzi Bin al-Shaibah aus Guantánamo


Ramzi Bin al-Shaibah war Osama Bin Ladens Kontaktmann in Hamburg. Er formierte die „Hamburger Zelle“ und zog im Hintergrund die Fäden für die 9/11-Anschläge. Jahrelang gab es keine aktuellen Foto-Aufnahmen des Guantánamo-Häftling –bis jetzt.




Der freundlich dreinblickende Mann sollte eigentlich längst tot sein. Er wollte einen Massenmord an Amerikanern begehen und dabei als Märtyrer sterben. Doch Ramzi Bin al-Shaibahs Plan ein Todespilot der Anschläge vom 11.September 2001 zu werden, scheiterte an der Bürokratie. Die US-Behörden verweigerten dem Jemeniten ein Einreise-Visum.

Jetzt sind Fotoaufnahmen des sogenannten „20.Attentäters“ von 9/11 aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo aufgetauchte. Es sind die ersten Bilder Ramzi Bin al-Shaibahs seit seiner Festnahme in Pakistan im September 2002. Sie zeigen einen gealterten, fröhlich wirkenden Mann mit Bart, gekleidet in ein weißes Gewand. Um den Kopf gewickelt trägt er ein schwarz-weißes Palästinensertuch, eingestickt darin die Worte „Super Deluxe“.



Die Fotostrecke des 9/11-Organisators Bin al-Shaibahs wurde vermutlich von Mitarbeitern des Internationalen Roten Kreuzes aufgenommen, die Guantánamo regelmäßig besuchen und Häftlinge auf gesundheitliche Unversehrtheit untersuchen dürfen.
Pünktlich zum Ramadan werden die Fotos der Terrorhäftlinge den Familien übergeben, sie stehen aber in der Regel nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Ein Sprecher des Internationalen Roten Kreuzes erklärte mir inzwischen, dass im Jahr 2009 alle Häftlinge, die sich einverstanden erklärte, fotografiert wurden:

"Each detainee was allowed to choose two pictures and five colour prints were made of each. These were incluced with Red Cross Messages from the detainees and transmitted to the families by the Red Cross."

Fraglich bleibt, weshalb dann nicht zwei ausgewählte Fotos von Bin al-Shaibah auftauchten, sondern insgesamt mindestens fünf verschiedene.

Ähnliche Aufnahmen, wie sie nun von Ramzi Bin al-Shaibah auftauchten, wurden bereits im vergangenen Jahr von Khalid Sheikh Mohammed verbreitet (siehe hier).

Der heute 38jährige Jemenit Ramzi Mohammed Abdullah Bin al-Shaibah gilt als einer der wichtigsten al-Qaida Drahtzieher. Er soll die Anschläge vom 11.September 2001 von Hamburg aus koordiniert haben.
Geboren wurde Bin al-Shaibah im Dorf Ghayl Bawazir, in der südjemenitischen Provinz Hadramaut, studierte Wirtschaftswissenschaften und war acht Jahre bei der International Bank of Yemen tätig. 1995 versuchte er zum ersten Mal in den Westen auszuwandern und beantragte ein Visum für die USA. Sein Plan scheiterte und Bin al-Shaibah reiste stattdessen nach Europa.

In Hamburg nannte sich der Jemenit „Ramzi Omar“ und gab an, ein sudanesischer Asylbewerber zu sein. Er schrieb sich am Studienkolleg der Hamburger Universität ein, angeblich mit der Absicht Deutsch zu lernen. Seine Leistungen waren schwach und er fälschte Studienbescheinigungen. Zwei Jahre später, 1997, lehnte ein Hamburger Gericht Bin al-Shaibahs Asylantrag ab und er kehrte kurzfristig in den Jemen zurück.


Überraschenderweise erhielt Ramzi Bin al-Shaibah kurz darauf ein deutsches Visum unter seinem richtigen Namen. Er zog nach Hamburg und besuchte regelmäßig die „Al-Quds-Moschee“ am Steindamm, in der jahrelang Hass gegen den Westen und Ungläubige gepredigt wurde.

Dort lernte er den Ägypter Mohammed Atta und den Saudi Marwan al-Shehri kennen, die seine radikalen Glaubensansichten teilten. Während Atta der eher schweigsame des Freundeskreises war, galt Ramzi Bin al-Shaibah als charismatischer Wortführer.
Auf einem Video, das auf der Hochzeit des bis heute weltweit gesuchten Gesinnungsgenossen Said Bahaji im Oktober 1999 gedreht wurde, ist Bin al-Shaibah zu sehen, wie er zum Kampf gegen die Juden aufruft und Dschihad-Lieder anstimmt. Aufgenommen wurde es in den Räumen der Hamburger „Al-Quds Moschee“.

1998 zogen Bin al-Shaibah, Atta und al-Shehri in eine WG, zunächst in die Harburger Chaussee 115, dann in die Marienstraße 54. Es entstand die sogenannte „Hamburger Zelle“.
Getrennt reisten die drei Männer im November und Dezember 1999 nach Afghanistan und erhielten eine Ausbildung in einem al-Qaida-Lager.
Sie leisteten den Treueschwur auf Osama Bin Laden und Bin al-Shaibah gab, so berichtet er später, an einer Selbstmordmission teilnehmen zu wollen. Al-Qaidas Militärchef Mohammed Attef traf sich persönlich mit Bin al-Shaibah (Kampfname „Abu Ubaida“) und verriet ihm, er und seine Hamburger Mitstreiter seien für eine „sehr geheime Operation“ ausgewählt worden. Zu diesem Zweck müssten jedoch weitere vertrauenswürdige Männer rekrutiert werden. Diese Aufgabe fiel Bin al-Shaibah zu.


Die Planung von 9/11 - Ramzi Bin al-Shaiba mit Osama Bin Laden


Al-Qaida´s Militärchef Mohammad Atef und der Hamburger Kontaktmann Bin al-Shaiba


Dieser reiste im Februar 2000 zurück nach Hamburg und begann mit den Vorbereitungen für die 9/11-Anschläge in den USA. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der „Hamburger Zelle“ erhielt al-Shaibah jedoch nach viermaligem Antrag kein Visum für die Vereinigten Staaten. Für Bin al-Shaibah endete somit der Traum, der 20.Märtyrer der „Operation Heiliger Dienstag“ zu werden.

Sein Plan B, eine heiratswillige Frau in den USA zu finden, scheiterte, und auch an einer niederländischen Flugschule wollte man ihn nicht zum Piloten ausbilden.
Letztendlich wurde Bin al-Shaibah zum Mittelsmann zwischen Bin Laden und der „Hamburger Zelle“ auserkoren. Er erledigte fortan alle Geldgeschäfte für die späteren Attentäter und stand in ständigem Kontakt mit der al-Qaida Führung in Afghanistan.

Kurz vor den Terroranschlägen von New York und Washington, am 05.September 2001, setzte sich Bin al-Shaibah über Düsseldorf und Madrid ab. Der Jemenit floh nach Pakistan.
Einem Journalisten des arabischen Fernsehsender Al Jazeera bewährten der 9/11-Chefplaner Khalid Sheikh Mohammed und seine rechte Hand, Ramzi Bin al-Shaibah, im Juni 2002 ein Interview. Darin erläuterten sie ihre Beteiligung an den Anschlägen vom 11.September. Ramzi Bin al-Shaibah, so erklärte es Sheikh Mohammed, sei der „Chef-Koordinator der Anschläge“.

Am 11.September 2002, pünktlich zum Jahrestag der Anschläge in den USA, ging der Terrorhelfer Bin al-Shaibah den pakistanischen Sicherheitskräften ins Netz. Nach einem stundenlangen Feuergefecht in Karachi, wurde er festgenommen, mit einem Sack über dem Kopf abtransportiert und drei Tage später an die USA übergeben.


Anhörung in Guantánamo - Ramzi Bin al-Shaiba vor Gericht

Wo genau die US-Geheimdienste den 9/11-Mitverschwörer in den folgenen Jahren festhielten ist nicht vollständig geklärt. Sein Anwalt spricht von Misshandlungen durch die CIA und das US-Militär. Bin al-Shaibah sei gefoltert und so zu Geständnissen gezwungen worden.
In das US-Gefangenenlager Guantánamo kam der Top-Terrorist erst 2006, zusammen mit 14 weiteren al-Qaida Mitgliedern, darunter sein Mentor Khalid Sheikh Mohammed. Angst vor der Haft in Guantánamo hatte Bin al-Shaibah wohl nicht. In einem Verhör erklärte er, es sei wohl die letzte sichere Gegend auf der Welt, „wo 500 Mudschaheddin an einem Ort sein könnten.“

Bald soll Ramzi Bin al-Shaibah und weiteren 9/11-Drahtziehern vor einem New Yorker Zivilgericht der Prozess gemacht werden.

Al Qaidas Ramadan-Geschenke


E
twas überspitzt könnte man ihn den Propaganda-Clown al-Qaidas nennen. Wäre da nicht die Wortgewandtheit und das letztendlich doch verhandene Charisma von Khalid Abdurrahman al-Hussainan, jenem kuwaitischen Sheikh den al-Qaida seit Jahresbeginn immer häufiger in Videos und Audiobotschaften zu Wort kommen lässt.


Khalid Abdurrahman al-Hussainan - der Propagandaclown

Hussainan, ein ehemaliger Offizieller des kuwaitischen Religionsministeriums zog es vor einigen Jahren in den Dschihad. Heute sitzt er im pakistanischen Waziristan und gibt dort in regelmäßigen Abständen Vorträge zu theologischen wie politischen Themen. Seine erste Videobotschaft der As Sahab Produktion richtete der Sheikh direkt an US-Präsident Obama, weitere Propagandawerke bezogen sich die Notwendigkeit des Dschihad und das Vertrauen auf Allah in schwierigen Zeiten.



Pünktlich zum diesjährigen Ramadan wirft al-Qaida gleich fünf Videopredigten des Kuwaitis auf den Markt. Mit den Titeln "Ramadan-Intensivkurs", "Die Erwähnungen des Höllenfeuers im Koran" und "Allah beobachtet dich" richten sich die Ansprachen al-Hussainans primär an die gläubige Zuhörerschaft, weniger an die ungläubigen Feinde.

Wie bereits in den ersten Veröffentlichungen, in denen der bärtige Sheikh auftraf, zeichnet sich Khalid Abdurrahman al-Hussainan auch diesmal besonders durch die Art und Weise, die Gestik und teilweise komödiantische Mimik aus. Wild gestikulierend, mit weit aufgerissenen Augen und mehrmaliger Wiederholung ganzer Sätze entsteht der Eindruck der Dschihad-Ideologie habe seinen Beruf verfehlt und gleite ins Entertainment ab.

Für die arabische Zuhörer- und Seherschaft dürften Hussainans Videopredigten aber alles andere als Comedy sein. In seiner Person treffen theologische Kenntnis, radikale Krieg-Ideologie und Rhetorik auf einen charismatischen Prediger. Wäre er im Alter seiner Zuhörerschaft, hätte die Propaganda geradzezu magnetische Anziehungskraft.

Tuesday, August 10, 2010

"Herzlich Willkommen auf dem Boden des Dschihad" - Deutscher Islamist begrüßt neue Rekruten


Lange gab es nichts Neues von der Propagandafront der "Islamischen Bewegung Usbekistans" (IBU). Dabei hatten gerade die letzten Videoproduktionen bewiesen: Die IBU versteht es perfekt moderne Technik für effektive Rekrutierungs-Videos zu nutzen. Qualitativ stachen und stechen die Filme aus Waziristan aus der Masse heraus.


Die zentralasiatische Dschihad-Truppe IBU ist insofern für die deutschsprachigen Terror-Beobachter interessant, als das in ihren Reihen mindestens fünf Islamisten aus der Bundesrepublik kämpfen, einer von ihnen (Javad Sediqi) starb bereits seinen ersehnten "Märtyrertod. Darüber hinaus ist die IBU im Norden Afghanistans an der Grenze zu Usbekistan, primär in der Region Kunduz, aktiv, und spielte eine entscheidende Rolle beim blutigen Karfreitag-Anschlag auf eine Bundeswehr-Patrouille Anfang des Jahres.



Nun gibt es ein neues deutschsprachiges Propagandavideo der IBU. Hauptakteur ist darin der Bonner Islamist Mounir Chouka alias "Abu Adam". In einer Begrüßungsrede heißt der ehemalige Drogendealer und wortgewandte Amateur-Prediger, angeblich neue deutsche Terrorrekruten in Waziristan ("Land des Dschihad") willkommen.
Auf dem Boden sitzend, mit der Kalaschnikow an die Wand einer Lehmhütte gelehnt, hält Mounir Chouka im Schein von Kerzen- und Öllampen eine nächtliche, knapp 40minütige Ansprache, in der er die Vorzüge des Dschihad preist.

An einer Stelle geht der aus Bonn stammende Islamist explizit auf die beschwerliche Reise der neu angereisten Dschihad-Rekruten ein. "Lasst uns einige Tage, Wochen und Monaten zurückblicken und sehen wie unsere Situation damals war", so Chouka, "wir haben unter den Ungläubigen gelebt, im Land der Sünde und des Unglaubens." Aufgrund ihrer islamischen Kleidung und ihrer Überzeugung seien sie in ihren westlichen Heimatländern verachtet und unterdrückt worden: "Erinnert ihr euch meine Brüder, wie unsere Lage war, als wir unter den Kuffar lebten?"

Es ist unklar ob seine Zuhörerschaft tatsächlich aus deutschsprachigen Terrorrekruten besteht. Das Video, das angeblich vom Juni 2010 stammen soll, könnte letztlich auch völlige Propaganda sein, die auf die Rekrutierung von Islamisten aus der BRD abzielt.
Immerhin hat der Fall des Hamburgers Rami M., der sich im vergangenen Jahr der IBU angeschlossen hat und dann wohl reumütig dem Dschihad den Rücken gekehrt hat, für einige Negativ-PR für die IBU gesorgt.
Die deutschen Dschihadisten hätten genug von Waziristan und flüchteten reihenweise nach Deutschland zurück, berichteten einige Medien. Abgehörte Telefonate und E-Mail-Austausch ließen dies vermuten.

Jetzt aber holt die IBU zum Gegenschlag aus und präsentiert ihren wohl charismatischsten Sprecher, Mounir Chouka, der eine feurige Rede hält, in der er keinen Zweifel daran lässt, dass der Dschihad eine Ehre und Gnade Allahs ist, und diejenigen die zu diesem Zweck auf beschwerlichen Wegen auswanderten, seien die auserwählten. Sie würden die höchsten Stufen des Paradieses erklimmen.

Hier einige Zitate aus Choukas Begrüßungsrede:

"An dieser Stelle meine lieben Geschwister, nochmals an die neuen Geschwister: Herzlich Willkommen auf dem Boden der Gnade, auf dem Boden der Auswanderung und des Dschihads! Willkommen im Urlaub dieser Ummah!

Die ihr vor mir sitzt meine lieben Geschwister: Allah bevorzugte euch gegenüber den zuhause gebliebenen! (sitzen geblieben sind und sich nicht an diesem gesegneten Dschihad beteiligen). Und so Allah will habt ihr auch eine höhere Rangstufe (im Paradies)! Die Auswanderung für Allah und der Dschihad auf dem Wege Allahs sind der beging der Blütezeit des Dieners! Die Auswanderung für Allah ist eine Auswanderung ZU Allah! ...Wer also für Allah auswandert findet nur Gutes. Er findet Frieden, er findet innere Geborgenheit und Wohlergehen!

Ein kleiner Rückblick auf die Zeit vor unserer Auswanderung. Wir lebten in einer Gesellschaft, die sich völlig vom Glauben abwandte. Vielgötterei, Unglaube und Korruption bestimmen das Leben dieser Gesellschaft und befleckten täglich unsere Herzen! Unsere Herzen schrieen nach Heilung und unsere Moral wurde gebrochen. Wir hielten uns mit Moscheebesuchen und Gruppentreffen über Wasser um nicht in diesem Werke Satans zu ersticken! Wir lebten in Erniedrigung obwohl wir Gefährten der Wahrheit sind!

Erinnert ihr euch noch wie sehr wir Allah darum, baten uns einen Weg in den Dschihad zu ebnen. Wie oft haben wir die Landkarte aufgeschlagen, um zu schauen wo wir hingehen können und wie wir dort hinkommen.

Wir waren bereit alles zu geben. Wir waren bereit alles zu opfern. Wir waren bereit in Höhlen zu übernachten. Auf Essen und Trinken zu verzichten. Wir waren bereit uns jeder Gefahr auszusetzen. Unsere einzige Sorge war dieser Ausweg, ein Weg zum Dschihad. Und: Allah zeigte uns einen Weg...Ein Weg der nicht gerade mit Rosen geschmückt ist oder einem roten Teppich.

An jedem Grenzübergang, an jedem Flughafen, und bei jeder Durchsuchung baten wir Allah, die Feinde dieser Religion blind zu machen. Und dann: Allah antwortete all unseren Bittgebeten! Der Beweis: Wir sind hier!

Allah wählte uns aus, um mit seiner Hilfe die Lage der Ummah zu verändern. Eine gewaltige Verantwortung gegenüber der Ummah! Wir sind hier um unsere geliebten Geschwister aus den Gefängnissen der Amerikaner zu befreien. Wir sind hier, um uns für unsere Schwestern zu rächen, wir sind hier um Rache zu nehmen an den Pharaonen unserer Zeit. Wir sind wegen den Beleidigungen gegen unseren geliebten Propheten. Wir sind hier für die Rückeroberung von Jerusalem. Und wir sind hier um mit unserem Blut einen islamischen Staat zu gründen!"

Choukas Propaganda-Auftritt, der nur ein Teil einer neuen Videoserie ist, kommt nicht zufällig. Das Video soll den heiligen Monat Ramadan einläuten und ist vielleicht sogar eine PR-Reaktion der IBU auf die Schließung der Hamburger "Masjid Taiba" am Montag.
Zehn Personen aus dem Besucherkreis der Moschee im Stadtviertel St.Georg, haben sich im Frühjahr 2009 auf verschiedenen Reiserouten auf den Weg in Richtung Terrorlager an der afghanisch-pakistanischen Grenze gemacht. Über die genaue Zahl derer, die tatsächlich ihr Ziel erreichten, liegen widersprüchliche Angaben vor. Nur der Iraner Shahab D. hat zweifelsfrei in die Reihen der IBU gefunden und kämpft nun als "Abu Askar" an der Seite von Mounir und Yassin Chouka in den pakistanischen Stammesgebieten.

Zwei Personen aus dem Hamburger Dschihadisten-Zirkel kehrten bisher vom Hindukusch zurück, eine Person wurde von pakistanischen Behörden abgeschoben, eine weitere (Rami M.) befindet sich in Gewahrsam deutscher Behörden in Pakistan. Nach dieser Rechnung könnten sich neben Shahab D. maximal fünf weitere Islamisten aus Hamburg in den Ausbildungscamps der IBU aufhalten. Sollte dies der Fall sein, dürften sie bald in den Propaganda-Filmen der Gruppierung zu sehen sein.

Das jüngste IBU-Video liefert im Schlussteil interessante Einblicke in die Geschichte der "Islamischen Bewegung Usbekistans", die Anfang der 1990er Jahre entstand. Videoausschnitt aus den vergangenen 18 Jahren zeigen den Anführer der Gruppe, Taher Yuldashev und seine Kämpfer in den unterschiedlichen Episoden des bewaffneten Kampfes in Zentralasien.
Begonnen hat die IBU als eine Gruppe islamischer Revolutionäre in Usbekistan, die nach Ende des Kalten Krieges die Errichtung eines islamischen Staates in Zentralasien durchsetzen wollte.
Zu diesem Zweck zogen ihre Anhänger 1992-1997 in den Dschihad in Tadschikistan, bis im Jahr 2000 kämpften sie auch in Kirgisien.

Im aktuellen Video zu sehen ist eine Archiv-Aufnahme eines IBU-Trainingslagers in Afghanistan, noch während der Herrschaft der Taliban ("Zeit des Islamischen Emirates"), das von einem Pakistaner namens "Abu Abdullah al-Pakistani" geführt wurde.
Seit der NATO-Invasion in Afghanistan leben die IBU Anhänger verstreut in den pakistanischen Stammesgebieten und haben ihren "Heiligen Krieg" nach Waziristan verlangert, wo ihr Hauptfeind die pakistanische Armee ist.

Monday, August 9, 2010

Aus für die Hamburger Taiba-Moschee


Einlandend wirkt die Gegend rund um den Steindamm nicht gerade. Der Kiez im Hamburger Stadtteil Stadtteil St.Georg, unweit des Hamburger Hauptbahnhofs, gilt als Umschlagplatz für Drogen, Hort der Prostitution. Kampfsportvereine, Fitness-Center und Callcenter reihen sich hier aneinander. Und mitten drin ein unscheinbares Gebäude, das der Haupttreffpunkt der deutschen Dschihadisten-Szene gewesen sein soll - die "Masjid Taiba". Hier, am Steindamm 103, direkt zwischen einem Fitness-Center und einem Restaurant hatte sich der "Taiba, Arabisch-Deutscher Kulturverein e.V." eingenistet, ein Sammelplatz salafistischer Gläubiger in der Hansestadt.


Razzia in der "Masjid Taiba" im Hamburger St.Georg-Viertel

Gegründet hatten den Kulturverein, zu dem auch eine Buchhandlung, ein Friseur und ein Supermarkt gehören, marokkanische Einwanderer im Jahr 1993. Seitdem galt das Gotteshaus, das damals noch "Al Quds Moschee" hieß, als Anlaufstelle für die Anhänger einer konservativen, ultraorthodoxen Auslegung des sunnitischen Islam.
Nach den Terroranschlägen vom 11.September 2001, geriet die Hamburger Salafisten-Moschee weltweit in die Schlagzeilen: Die Todespiloten um den Ägypter Mohammed Atta hatten hier gebetet. Ein Gruppenfoto, aufgenommen im innern der Moschee, zeigt die Mitglieder der Terrorzelle nur wenige Monate vor dem Massenmord von New York und Washington.

Was folgte waren Durchsuchungen der Hamburger Polizei und massive Überwachung durch den Verfassungsschutz und die Hamburger Innenbehörde. Es gab keinen Zweifel daran dass in der Al Quds-Moschee konspirative Treffen abgehalten wurden, und die Imame Gewalt gegen Andersgläubige predigten. Mitschnitte der arabischen Predigten des marokkanischen Geistlichen Imam Fazazi, der im Jahr 1990 zwei Wochen in der Hamburger Moschee predigte (und heute eine 30jährige Haftstrafe in Marokko verbüßt), fanden sich als käuflich zu erwerbende Videos in der Buchhandlung am Steindamm 103. Der Originaltext dieser Predigten und Frage-Antwort-Runden verarbeitete der Regisseur Romould Karmakar im äußert sehenswerten Dokumentarfilm "Hamburger Lektionen".


Ein Gruppenfoto aus der damaligen "Al Quds Moschee" zeigt die 9/11- Todespiloten

Die Liste jener, die am Steindamm 103 zum regelmäßig ihr Gebet verrichteten, zeigt welche Stellung die Moschee innerhalb der gewaltbereiten Islamistenszene in Deutschland hat. Abdelghani Mzoudi, ein marokkanischer Helfer der 9/11-Attentäter, war auch nach seiner Freispruch 2004, häufig Gast in der "Masjid Taiba". Der in Hamburg lebende Deutsch-Syrer Mamoun Darkazanli, der als mutmaßlicher al-Qaida Helfer und Finanzier gilt, soll bis zuletzt als Prediger in der Moschee aufgetreten sein, die seit geraumer Zeit über keinen festen Imam mehr verfügt.

Regelmäßig tauchte die Taiba-Moschee in den Jahresberichten des Hamburger Verfassungsschutzes als Treffpunkt radikaler Islamisten auf. Ein Verbot des Kulturvereins und eine Schließung der Räumlichkeiten fand aber bis heute nicht statt.

Vor einigen Tagen berichtete der FOCUS, die Hamburger Verfassungsschutzer planten eine Razzia in der Islamisten-Moschee, Innenminister Christian Ahlhaus (CDU) habe bislang jedoch seine Zustimmung verweigert, da er vor dem beginnenden Ramadan und den Hamburger Wahlen nicht als rechter Hardliner auftreten wolle.

Heute Morgen gegen 06:30 Uhr machten die Hamburger Behörden ernst. Eine 20köpfige Einheit aus Polizeibeamten und Verfassungsschützern sammelte sich vor der Taiba-Moschee, die Türschlösser wurden aufgebohrt und Räumlichkeiten durchsucht. Dabei beschlagnahmten die Beamten Computer, Dokumente und offenbar auch Bargeld. Ein Sprecher der Innenbehörde teilte mit, der arabische Kulturverein "Taiba" sei verboten worden und die Moschee am Steindamm werde geschlossen.
Grund dafür ist offenbar, dass "Taiba" nach Einschätzung des Hamburger Verfassungsschutzes weiterhin ein "Hauptanziehungspunkt für die dschihadistische Szene" sei. Diese soll in Hamburg etwa 100 Personen umfassen, die islamistische Gewalt befürworten oder propagieren. Darüber hinaus habe sich ein "Dschihad-Tourismus" entwickelt: Leute aus dem Ausland haben in ihrer Heimat damit geprahlt, dass sie in jener Moschee gebetet hatte, in denen die 9/11 Attentäter Stammgäste waren.

Auf einer Pressekonferenz am Vormittag warnte Innenminister Ahlhaus, Hamburg dürfe nicht zum Zentrum dschihadistischer Rekrutierung in Deutschland werden.
„Wir haben heute die Taiba-Moschee geschlossen, weil dort junge Männer zu religiösen Fanatikern herangezüchtet wurden", so Ahlhaus, "Ein angeblicher Kulturverein hat hinter den Kulissen die Freiheiten unseres demokratischen Rechtsstaats schamlos ausgenutzt, um für den Heiligen Krieg zu werben.“


Der Hamburger Shahab D. in einem Terrorlager in Waziristan - er betete in der Taiba-Moschee

Der lebende Beweis für die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden heißt Shahab D.. Der 27jährige Hamburger iranischer Abstammung verkehrte in der "Taiba"-Moschee, gehörte zum sogenannten "50er Club", einem Zirkel von jungen Muslimen, die sich immer wieder zum Koranlesen und Debattieren am Steindamm 103 trafen.
D., der als elfjähriger Flüchtling in Folge des Iran-Irak-Krieges mit seiner Familie nach Deutschland kam, verließ Hamburg am 04.März 2009 mit seiner Lebensgefährtin und mindestens drei weiteren Personen aus der "Taiba"-Moschee. Über Qatar reisten die Hamburger ins pakistanische Peshawar und von dort aus weiter in die Stammesgebiete von Waziristan.

Im Oktober 2009 tauchte Shahab D. erstmals als "Abu Askar" in einem islamistischen Propagandavideo der "Islamischen Bewegung Usbekistans" (IMU) auf, der er sich anschloss und in deren Reihen weitere deutsche Dschihadisten kämpfen. "Wir haben Deutschland und unsere Eltern nur verlassen", so D., "um diese Religion zum siege zu führen!"

Shahab D. war nur eine von insgesamt elf Personen aus dem Kreis des "50er Clubs", die im Frühjahr 2009 nach Pakistan ausreisen und sich in Terrorlager an der afghanisch-pakistanischen Grenze begeben wollten. Zu den anderen Dschihad-Touristen zählen u.a. ein weiterer Deutsch-Iraner, ein gebürtiger Syrer, ein Franzose, eine junge Deutsch-Afrikanerin und zwei deutsche Konvertiten.

Laut Verfassungsschutz wurde einer Person noch vor Verlassen der Bundesrepublik der Reisepass entzogen, um eine Ausreise zu verhindern. Zwei Hamburger Terrorverdächtige wurden zudem in Pakistan festgenommen und nach Deutschland abgeschoben.
Die beiden Konvertiten Michael W. und Alexander J. sind nach mehrmonatigem Aufenthalt in einem Terrorcamp der IMU inzwischen wieder in der Hansestadt Hamburg. Da beide Islamisten ihre Dschihad-Reise über Wien nach Pakistan antraten, bevor das Gesetz in Kraft trat, welches den Besuch in einem paramilitärischen Terrorlager strafbar macht, können Michael W. und Alexander J. strafrechtlich nicht belangt werden.

Der Anführer der Hamburger Dschihadisten-Zelle, der Deutsch-Syrer Rami M., befindet sich mittlerweile in Haft. Der vorbestrafte Kiffer und ehemalige Kleinkriminelle, der lange im Frankfurter Drogenmilieu aktiv gewesen sein soll, war vor wenigen Jahren nach Hamburg gezogen und besuchte ebenfalls die "Taiba"-Moschee. Verfassungsschützer sehen in ihm die treibende Kraft hinter den Ausreisen von Hamburg in die Dschihad-Camps am Hindukusch.


Rami M. - Flucht aus Waziristan in der Burqa?

Ende Juni war Rami M., versteckt unter einer Burqa, an einem militärischen Checkpoint der pakistanischen Armee nahe der Stadt Bannu, in den Stammesgebieten festgenommen worden.
Zuvor hatte Rami M., der wohl ebenfalls in einem Lager der IMU militärisch ausgebildet worden war, die deutsche Botschaft in Islamabad kontaktiert. Reuig habe er den deutschen Beamten erklärt, er wolle zurück in die Bundesrepublik und habe dem bewaffneten Kampf abgeschworen. Ohne Reisepass und Führerschein, die er beide verloren habe, könne er jedoch nicht zurückreisen. Die Botschaft solle ihm ein Schreiben ausstellen, mit dem er sicher nach Deutschland zurückkehren könne.

Deutsche Sicherheitsbehörden wurden daraufhin informiert und es kam zu einer Meinungsverschiedenheit. Während die Botschaft einen "Freibrief" ausstellte, mit dem Rami M. bis Islamabad reisen könnte. In Deutschland aber war man nicht von der Reue und Ungefährlichkeit M.`s überzeugt. Das Bundeskriminalamt informierte die pakistanischen Behörden über die geplante Reise Rami M.´s, der daraufhin festgenommen und vom pakistanischen Geheimdienst ISI verhört wurde, was seine Familie in Deutschland heftig kritisierte und den deutschen Behörden zur Last legte.

Rami M. hatte aus Waziristan Gesinnungsgenossen und Angehörige in Deutschland kontaktiert. Von Gewaltmärschen durch die Berge berichtete er seinem Vater, dass er ein Märtyrer werden wolle schrieb er seiner Frau. Hoffnungsvoll klangen die Nachrichten aus Waziristan nicht. M. war offenbar verzweifelt und hatte genug vom Dschihad. Durch die Kontaktaufnahme des Hamburger Islamisten kam es zu Razzien in Hannover, Frankfurt und Hamburg - die Verbindungspersonen von M. standen unter Beobachung.


Aufnahme aus dem Inneren der "Taiba"-Moschee

Seine Stammmoschee, die Masjid Taiba, hielt - wenn auch mit einigem Abstand - zu ihrem regelmäßigen Gast. Auf ihrer Internetseite nahmen die Moscheebetreiber Stellung zu den Vorwürfen ein terroristischer Gefährde sei bei ihnen ein und aus gegangen. Sie stellten zunächst in Frage ob Rami M. "Frankfurter oder Hamburger?" gewesen sei. In Pressemeldungen war die Biografie des Islamisten häufig falsch dargestellt worden.
Dass Rami M. in der Hamburger Moschee präsent war, bestritt der Kulturverein nicht. Er sei aber nur einer von vielen gewesen.

Daraufhin hagelte es im Online-Gästebuch und Internetforen harsche Kritik an der Moscheeleitung. Warum sie nicht zum "Bruder Rami" stehe und ihn gegen die Medien verteidige, so die anonymen Kommentatoren.
Bohrt man tiefer in den Kontakten der Taiba-Moschee-Besucher, wird deutlich dass dort ein dschihadistisches Millieu herangewachsen ist, dessen Idole Anwar al-Awlaki und Bekkay Harrach sind.

Sunday, August 8, 2010

Das Medienwerkzeug "Leid"


Es ist selten geworden, dass Titelblätter mediale Wellen schlagen, schockieren und für weltweites Entsetzen sorgen. Zuviel Leid, zuviel Elend, Mord und Totschlag hat sich in die internationale Presse inzwischen eingenistet, als dass Kriegsbilder beispielsweise aus Afghanistan noch großartig Bestürzung hervorrufen.

Aisha beweist das Gegenteil. Die schöne 18jährige Afghanin aus der Provinz Uruzgan zierte das Titelblatt der vorletzten Ausgabe des "TIME Magazine" und sorgte weltweit für Schlagzeilen. Mehr das Bild, als die bewegende Geschichte des Mädchens erregt dabei die Gemüter. Was Aisha geschah, wird auf den ersten Blick klar: Ihr wurden die Nase und die Ohren abgeschnitten.

Das Mädchen musste büßen, für ein Verbrechen dass ihr Onkel an der Familie eines Taliban-Klanchefs beging. Weil der Onkel einen Verwandten des Taliban-Führers ermordet hatte, musste Aishas Vater zwei Mädchen an dessen Familie abgeben.
Vor sechs Jahren, im Alter von 12, wechselten Aisha und ihre jüngere Schwester die Familie. Sie wurde sobald sie in die Pubertät kam, mit einem Taliban-Kämpfer verheiratet, erlitt schwere häusliche Gewalt und Misshandlung. Wie eine Sklavin hielt die Familie des islamistische Kämpfers das junge Mädchen, während ihr Ehemann sich vor den NATO-Truppen verstecken musste.

Aisha floh, als sie die Schläge nicht mehr ertrug, doch ihr Gatte spürte sie in der Metropole Kandahar wieder auf. An einem einsamen Berghang in Uruzgan schnitt er ihr die Nase und die Ohren ab, ließ sie blutend am Boden liegen. Er übte Rache für die Verletzung seiner Ehre. Ein Mann verliert seien Nase, sagen die Pashtunen, sobald ihn eine Frau öffentlich demütigt. Dieses Sprichwort verkehrte Aishas Ehemann in blutige Realität und verstümmelte die junge Frau.

In einem Krankenhaus von "Women for Afghan Women" in der afghanischen Hauptstadt Kabul, wurde Aisha behandelt und versorgt. Die Entwicklungshelfer und Mediziner kümmerten sich um die verstümmelte Schönheit aus Uruzgan und versprachen ihr Schutz.
Eine südafrikanische Fotografin spürte Aisha auf und überredete das Mädchen zu einem einstündigen Fotoshooting in Kabul. Das Ergebnis der fotografischen Arbeit prangte an tausenden Zeitschriftenständen vom Cover der 01.August-Ausgabe der "TIME".
"Was passiert, wenn wir aus Afghanistan abziehen" - so die Überschrift der Titelstory von Aryn Baker, bewusst ohne Fragezeichen gewählt.

Die Autorin will schocken. Sie will in Zeiten, in denen das militärische Engagement in Afghanistan auf beiden Seiten des Atlantik kaum noch Zuspruch erhält, den Menschen ins Bewusstsein rufen, welch unfassbar grausame Realität auf Afghanistans Mädchen und Frauen wartet, sollten die NATO-Truppen das Land überstürzt verlassen.
Der menschenverachtende Terror, so die Botschaft der "TIME", würde dann unkontrolliert wüten wie ein Buschfeuer, die schwächten Mitglieder der afghanischen Gesellschaft würden endgültig in ein erbarmungsloses Loch aus Gewalt, Misshandlung, Sklaverei und Tod abrutschen.

Damit Aishas Schicksal möglichst vielen Afghaninnen erspart bleibe, müsse die Staatengemeinschaft ihrer Verpflichtung zum humanitären Einsatz am Hindukusch treu bleiben, so Baker. Das Portrait der verstümmelten 18jährigen soll sich einbrennen in das Gedächtnis all jener Zweifler, die Afghanistan längst aufgegeben haben, und den Terror und die Intentionen der Taliban als noblen Widerstandskampf verharmlosen.

Wie zu erwarten dauerte es nicht lange, und die Taliban äußersten sich zum TIME-Titelblatt. Die Geschichte von Aisha sei "fabriziert" und "Propaganda", um von der militärischen Niederlage des Westens in Afghanistan abzulenken, behaupten die Islamisten. Die Afghanin sei unmöglich Opfer der Sharia-Rechtssprechung und auch nicht von Taliban verstümmelt worden. Man verurteile das "barbarischen, unmenschlichen und unislamischen Verbrechen" an Aisha, so die Taliban. Die Sharia-Rechtssprechung, basierend auf Koran und den Ahadith des Propheten Muhammad, verbiete das Abschneiden von Ohren und Nasen Toten wie Lebender.

"Wir sympathisieren mit unserer Schwester Aisha und erklären diese erschreckende Tat ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das Sharia-Recht", heißt es in der Darstellung der afghanischen Taliban.

Was folgt ist die Auflistung von angeblichen statistischen Fakten zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen in den USA und Großbritannien, sowie die Behauptung in den Reihen des US-Militärs würden 30% aller Soldatinnen vergewaltigt.

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Mehr noch als ein Weckruf für die Gegner des Afghanistan-Einsatzes der NATO, ist Aishas erschütterndes Portrait eine Bestandsaufnahme des Krieges im Jahr 2010. Aisha repräsentierte das alte und das neue Afghanistan. Ihr entstelltes Gesicht spiegelt den Gewaltexzess, die Menschenverachtung und die Hoffnungslosigkeit wieder, die seit Jahrzehnten Alltag für das afghanische Volk ist. Leid, wie es auch NATO-Bomben und Anti-Terror-Einsätze über die Zivilbevölkerung bringt, soll durch Leid, verübt von der Gegenseite, gerechtfertigt werden. Nichts anderes trägt die rationale Analyse der TIME Titelblatt-Wahl hervor.
Wenn wir gehen, so will die Autorin Baker vermitteln, geschieht DAS tausendfach. Aber ist es nicht Fakt, dass genau DAS in Zeiten des NATO-Einsatzes geschah, während der westlichen Besatzung? Wird DAS nicht heute, neun Jahre nach Beginn von ISAF, tausendfach an afghanischen Frauen verübt? Welcher Maßstab gilt für Erfolg und Niederlage in einer friedensschaffenden Mission?

Das Mädchen ohne Nase ist zum Sinnbild für Afghanistans Frauenverachtung, für die Brutalität der Taliban und die Grausamkeit der Dorf-Traditionen geworden, nicht aber zu einem rationalen Argument für die Fortsetzung eines Krieges, der täglich Menschenleben kostet. Das Portrait weckt Emotionen, die den Gedanken an dringend benötigte Alternativen zum militärischen Einsatz ersticken. Journalismus ist damit zur steuernden Kraft geworden, zu einem Werkzeug, das Leid verhindern will, zum Preis neues zu erzeugen.

Saturday, August 7, 2010

Massaker an Missionaren in weißen Kitteln?


"Die International Assistance Mission ist ein Zusammenschluss von christlichen Organisationen, die mit Leidenschaft und Güte den Menschen von Afghanistan dienen, im Namen und Geiste von Jesus Christus" -


dieser Einleitungssatz im Jahresbericht der "International Assistance Mission" (IAM) reicht aus, um zu verstehen unter welch schwierigen und lebensgefährlichen Umständen jenes westliche Ärzteteam am Hindukusch operierte, das gestern tot im Norden Afghanistans aufgefunden wurde. Neun Augenärzte, eine deutsche Übersetzerin und zwei afghanische Übersetzer waren von Einheimischen in einem Waldstück der Region Kunar Minjan, in der Provinz Badakhshan gefunden worden. Die Leichen der fünf Amerikaner, einer Amerikanerin, einer Britin, einer Deutschen und zwei Afghanen lagen neben ihren kugeldurchsiebten Geländewagen, erschossen im Exekutionsstil.

Das Ärzteteam der in Genf ansässigen Hilfsorganisation IAM, die seit 1966 in Afghanistan aktiv ist, war vor wenigen Tagen von einem Projekt in der nordafghanischen Provinz Nuristan Richtung Kabul aufgebrochen. "NOOR", arabisch für "Licht", so heißt das Augenmedizin-Programm, dass die christliche NGO in den vergangenen Jahren an verschiedenen Orten in Afghanistan aufgebaut hat. Alleine in Nuristan, wird die Augen-Klinik von IAM von bis zu 400 Patienten täglich aufgesucht. Grauer Star und andere recht einfach und schnell zu behandelnde Augenleiden werden durch IAM von angelernte Einheimische und die ausländischen Mediziner behandelt. Neben den medizinischen Hilfsprojekten leitet IAM in Badakhshan und Nuristan auch Sprachprogramme, in denen den Einheimischen Alphabetisierungskurse angeboten werden.

Dr.Tom Little (61), ein New Yorker Augenarzt, war der Leiter des "NOOR"-Projekts im abgelegenen Tal von Nuristan. Er war seit über 30 Jahren in Afghanistan tätig, seine drei Töchter wuchsen am Hindukusch auf, gingen in Indien zur Schule und sind alle im medizinischen Bereich tätig - in Afghanistan, dem Irak und Texas. Kurz vor dem 11.September, im August 2001 war Little erstmals von den Taliban als Missionar des Landes verwiesen worden. Damals ebenfalls verhaftet wurden mehrere deutsche Entwicklungshelfer.
Little´s Ehefrau, die er seit seiner High School Zeit kannte, hatte ursprünglich geplant ihren Mann auf der Reise nach Nuristan zu begleiten. Eine Knieverletzung hielt sie letztendlich davon ab.

Dr.Littles Tod wurde kurze der Meldung des Massakers am IAM-Ärzteteam, von Seiten der Organisation bestätigt. Fünf amerikanische Kollegen, darunter eine Frau, die deutsche Dolmetscherin Daniela B. und die britische Allgemeinmedizinerin Dr.Karen Woo (36) fanden ebenfalls den Tod in den Bergen zwischen Nuristan und Badakhshan.

Dr.Woo, eine Ärztin aus Hertfordshire, hatte vor kurzem noch über ein Internet-Forum wissen lassen, dass sie ihre Arbeit in Nuristan beendet habe und sich nun auf den Rückweg in die afghanische Hauptstadt mache. Unterwegs wollten sie zu einer mehrtägigen Bergtour in das 3000m hoch gelegene Panur-Tal aufbrechen.
Die britische Ärztin war für die private Gesundheitsvorsorge-Organisation BURPA tätig. Diese hatte sie nach Afghanistan entsandt um als humanitäre Helferin zu arbeiten. In England plante die junge Ärztin demnächst ihren Lebenspartner zu heiraten. Die Sicherheitsrisiken in Afghanistan, so schrieb Dr.Woo in einem Internet-Eintrag, würde sie auf sich nehmen, weil es die medizinische Entwicklungshilfe vor Ort wert sei.
"Diese Menschen in den abgelegenen Berggegenden haben keinerlei medizinische Versorgung", schrieb Dr.Woo. Sie wolle der Welt über das Schicksal der Afghanen berichten und erlebe durch ihre Arbeit "einen Seite dieses Landes, das Soldaten und Journalisten nicht zu sehen bekommen."

Seit zwei Monaten arbeiteten Dr.Woo und ihr Team in der Augenklinik von Nuristan. Am Freitag starteten sie zu einer Expedition ins Panur-Tal und campten unterwegs in einem Waldstück.
Dorfbewohner hatten die Ausländer gewarnt, nicht in dieser Gegend Rast zu machen. Taliban und Verbrecherbanden seien hier aktiv und würden nur auf eine Gelegenheit warten Westler zu entführen oder auszurauben. So geschah es schließlich auch. Den ausländischen Ärzten waren die Warnungen egal. Sie entgegneten, sie seien Mediziner und daher würde ihnen nichts geschehen.

Es kam wie es kommen musste. Der IAM-Konvoi wurde überfallen, ihre SUV-Geländewagen zerschossen und die Ärzte plus ihre afghanischen Begleiter getötet.

Ein Afghane namens Saifullah überlebte den Überfall und berichtete den Polizisten in Badakhshan, er habe "um sein Leben gefleht und den Koran zitiert". Als die bärtigen Angreifer überzeugt waren, dass Saifullah Muslim ist, ließen sie den afghanischen IAM-Mitarbeiter frei. Den Ausländern jedoch nahmen sie Geld und Pässe ab, und richteten einen noch dem anderen mit ihren Kalaschnikows hin.

Von Seiten der afghanischen Taliban folgte am frühen Vormittag, kurz nachdem die Meldung über den Mord am Ärzteteam bekannt wurde, ein Bekennerschreiben sowie eine Erklärung gegenüber Journalisten. Der Pressesprecher der Taliban erklärte, man habe in Badakhshan westliche "Missionare und Spione getötet". Bibeln und andere Dokumente, sowie Karten und GPS-Geräte, die bei den Ausländern gefunden wurden, beweisen, so der Taliban-Sprecher, dass die Ausländer die Afghanen zum christlichen Glauben konvertieren, und außerdem die Aufenthaltsorte der Taliban herausfinden wollten.


Im schriftlichen Bekennerschreiben aus dem Internet heißt es interessanterweise, bei den Getöteten handle es sich um "zwei Amerikaner, Tom und Johnson, die restlichen sind deutsche Staatsbürger." Erste Medienberichte zitierten afghanische Sicherheitskräfte aus der Region ebenfalls mit der Aussage, sechs der gefundenen Leichen seien deutsche Mediziner. Diese Version gilt inzwischen als falsch, auch wenn das Auswärtige Amt bislang offiziell nichts zum Mord an der deutschen Ärztin oder ihrer Identität preisgab.

Überraschend bleibt, dass die Taliban die westlichen Reisegruppe augenscheinlich sofort und ohne zu Zögern exekutierte, und nicht versuchte die sieben Männer und drei Frauen zu entführen. Viel zu wertvoll wären die westlichen Ärzte als Geiseln als dass die Islamisten sie einfach erschießen würden. Denkbar wäre durchaus, dass Verbrecherbanden, Drogenschmuggler oder gewöhnliche Straßendiebe, die Ausländer aufspürten und ausraubten.

Ob tatsächlich Bibeln, eventuell noch in örtlicher Landessprache, im Gepäck der IAM-Mitarbeiter gefunden wurden, ist bislang nicht bewiesen. Möglicherweise schieben die Taliban dies als vermeintlichen Grund für die Hinrichtung vor. Christliche Missionare, die sich ins Taliban-Land gewagt hatten - in der internationalen Presse gäbe und gibt es viele, die dies als Rechtfertigung für einen Überfall werten.


Dass IAM-Leiter Dirk Frans den Behauptungen der Taliban sofort widersprach, die Ärzte seien auf Bekehrungs-Mission gewesen, verwundert nicht. Völlig ohne die typische Jesus-Botschaft und biblische Nächstenliebe-Lehre kommt IAM nicht aus. Die humanitäre Organisation hat sich auf die Fahne geschrieben, Augenkrankheiten in entlegenen Gegenden Afghanistans zu behandeln, dort Spitäler oder zumindest kleine Kliniken einzurichten in denen auch einheimische Ärzte operieren können.
Mediziner aus aller Welt, die mit der christlichen Heilslehre und Gottes-Zuversicht ausgestattet sind, folgen dem Aufruf von IAM und verbringen oft Monate im kriegszerrütteten Afghanistan.

Hinter der humanitären Fassade dürfte - nach Sichtung der IAM-Dokumente und Recherche zu den Projekten der Organisation - auch der christliche Missionsgedanke eine entscheidende Rolle für die Motivation der IAM-Mitarbeiter spielen. Wie schon im Fall der Familie Henschel im Nordost-Jemen, traf die Ärztegruppe um Dr.Tom Little, das Schicksal der modernen Missionare im Namen Jesu.

Thursday, August 5, 2010

Faszination Somalia - Der Traum eines Amerikaners vom Dschihad


UPDATE:


Während ich den folgenden Blog-Eintrag verfasste, meldeten US-Fernsehsender dass insgesamt 14 Terrorverdächtige in den USA angeklagt würden, Al Shabaab zu unterstützen oder der Gruppierung beitreten zu wollen.

Auf einer Pressekonferenz erklärte US-Justizminister Eric Holder, dass in den vergangenen Tagen 12 Personen in Minnesota, und jeweils eine Person in Alabama und in Kalifornien festgenommen wurden. Ihnen würde vorgeworfen unter dem Deckmantel einer Wohltätigkeitsorganisation Gelder für Al Shabaab gesammelt und nach Somalia transferiert zu haben. Unter den Verdächtigen befinden auch zwei Frauen (eine von ihnen 63 Jahre alt), denen vorgeworfen wird, Spendenveranstaltungen organisiert zu haben, bei denen in Videokonferenz verschiedener Moscheen aufgerufen wurde für "die somalische Sache" und den "Dschihad" zu spenden. Fünf der festgenommenen

Erstmals klagen die USA in den neuen Terrorverdachtsfällen auch zwei amerikanische Staatsbürger an, die sich allerdings nicht in Haft befinden, da sie sich nach Erkenntnissen der US-Behörden in Somalia aufhalten.
Bei ihnen handelt es sich um Omar Hammami, besser bekannt unter dem Kampfnamen "Abu Mansour al Amrikki", und Jihad Mustafa alias "Amir Anwar"

Hammami, der in mehreren Propagandavideos der somalischen Islamistan auftauchte, ist Anführer der "Al Muhajiroun-Brigade" von Al Shabaab, den ausländischen Kämpfern, die sich dem somalischen Dschihad angeschlossen haben. Er kämpft bereits seit zwei Jahren am Horn von Afrika und wirbt mit englischsprachiger Propaganda, teilweise in Form von Dschihad-Raps, um westlicher Rekruten. US-Behörden sehen in ihm eine Schlüsselfigur für Al Shabaab´s Verbindung in die USA.

Ein weiterer US-Amerikaner, Jihad Serwan Mustafa (28) aus San Diego, Kalifornien, soll sich ebenfalls in Somalia aufhalten und dort inzwischen in die Führungsriege von Al Shabaab aufgestiegen sein. Mustafa war ein enger Berater des kenianischen al Qaida Kommandeurs Saleh Ali Nabhan, der 2009 bei einer Operation von US-Spezialeinheiten in Somalia getötet worden war. In einer San Diegoer Moschee hatte Mustafa vor Jahren den us-jemenitischen Prediger Anwar al-Awlaki kennengelernt und sich durch ihn massiv radikalisiert. Noch heute sollen die beiden Islamisten in Kontakt stehen.

Die jüngsten Ereignisse im Bezug auf die "home-grown" Terrorgefahr in den USA zeigen, welche Bedeutung Somalia inzwischen für die dschihad-willigen Muslime aus westlichen Staaten hat. Ein blutiger, 20 Jahre andauernder Bürgerkrieg, unterbrochen von ausländischer Besatzung, hat sich zu einem Magnet für Terrorrekruten aus Europa und Nordamerika entwickelt. Reihenweise pilgern junge Exil-Somalis, arabisch- und pakistanischstämmige Jugendliche und weiße wie schwarze Konvertiten ans Horn von Afrika und machen Somalia zu einem neuen Afghanistan. Diese Entwicklung ist definitiv eine weitere Blog-Analyse wert.

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Der Terrorist von heute hat´s nicht einfach. Noch vor 30 Jahren waren Sicherheitskontrollen an Flughäfen Science Fiction, an Nacktscanner wagten nichtmal die treuesten George Orwell Anhänger zu denken. Nichts erschien einfacher als eine Bombe an Bord einer Passagiermaschine zu schmuggeln. Mit Ausnahme israelischer Fluggesellschaften.



Von derlei Freiheiten können islamistische Terroristen im neuen Millenium nur träumen. Geheimdienste, Sicherheitskräfte und auch ein nicht unerheblicher Teil der Gesellschaft hat sich auf den "Moslem-Terror" eingeschossen. Alles wird gescannt, gespeichert, jeder ist verdächtig, und alles eine potenzielle Gefahr. Mögliche Spione und Spitzel der Geheimdienste lauern an jeder Ecke, infiltrieren jede Moschee.
Dies treibt die wirklich gefährlichen Individuen in die Enge. Terrorpläne zu schmieden ist schwierig geworden, zumindest wenn man teils transkontinentale Strecken mittels sich dabei elektronischer Kommunikation überbrücken muss. CIA, NSA, MI5, BND & Co. hören und lesen mit. Bin Ladens moderne Gotteskrieger müssen Codewörter erfinden, um selbst die einfachsten Absprachen per Telefon unverdächtig erscheinen zu lassen.

Teilweise führt diese Anpassung an den gewaltigen Anti-Terror-Sicherheitsapparat zu kuriosen Vorfällen. So geschehen am 28.Juli diesen Jahres. Ein junger Mann aus dem Großraum Chicago, Illinois, tätig einen nächtlichen Anruf (01:15 Uhr) ins britische London. Seine Gesprächspartnerin scheint noch vor dem Telefonat online kontaktiert worden zu sein. Daher beginnt der junge Mann das Gespräch mit: "Ich werde dir alles erklären." Was folgt ist ein Dialog, in dem der Anrufer der jungen Frau seine mehrfach seine Liebe beteuert, aber auch erklärt er wolle sich seinen Traum erfüllen. Er möchte sie über seinen Wunsch informieren in den Dschihad zu ziehen. Nur die Details, gehen durch die Paranoia des Möchtegern-Gotteskriegers und den Codewörter-Fetish irgendwie verloren.

"Willst du immer noch nach Saudi-Arabien reisen?", fragt die Dame in London den Amerikaner. Dieser antwortet, er wolle "lieber nach Merca, anstatt nach Medina" gehen. Die Gesprächspartnerin kann nicht folgen: "Mekka und Medina liegen beide in Saudi-Arabien. Du verwirrst mich."
"Merca. Merca liegt südlich, südlich von Saudi-Arabien", erklärt der Mann in den USA. "Okay", entgegnet die Frau am anderen Ende der Leitung, "also sprechen wir von zwei verschiedenen Orten im gleichen Land?" Genervt reagiert der amerikanische Anrufer: "Nein. Gleiche Welt, verschiedene Länder, kapierst du?"

Sie kapierte nicht. Deshalb begann sie eine Erklärung, warum und weshalb sie durch die ganzen Aussagen und Ortnamen vollkommen "verloren" sei. "Islamische Herrschaft. Islamische Herrschaft", zürnt der Amerikaner, "Verstehst du? Alles klar? Islamische Herrschaft." Es wird deutlich, dass er nicht offen über jenen Ort reden will, in den er plante zu reisen. "Ah, okay, okay", bestätigt die Frau am Telefon schließlich. Offenbar hatte sie nun verstanden, dass der Anrufer, ein 26jähriger Islamist namens Shaker Masri, die somalische Stadt Merca meinte, als er von einem ("wahrhaft") islamisch regierten Ort sprach, der südlich vom saudischen Königreich liegt.

Der Dialog dieses Telefonats entstammt den FBI Protokollen der Anklageschrift des US-Staatsbürgers Shaker Masri, der am vergangenen Dienstag in Chicago verhaftet wurde. Masri soll geplant haben, nach Somalia zu reisen um eine paramilitärische Ausbildung in den Terrorcamps der Al Shabaab Miliz zu erhalten. Diesen Wunsch äußerste er mehrfach gegenüber einem vermeintlichen Freund, der in Wahrheit ein FBI-Informant war und der Masri auf Geheiß der US-Ermittler im Herbst 2008 erstmals kontaktiert hatte. Von da an schmiedete der Islamist Masri mit dem oft verkabelten Informanten ("Source" in US-Ermittlersprache), Pläne in den Dschihad zu ziehen. Etwa 10.000 US-Dollar bräuchten die beiden, so Masri, um in den Heiligen Krieg ziehen zu können.



Bilder aus dem neuesten Propaganda-Video der Al Shabaab - ein amerikanischer Dschihad ist der Kommentator

Shaker Masri erklärte "Source", dass er im somalischen Bürgerkrieg kämpfen wolle, und auch die Intention habe, als Selbstmordattentäter zu sterben. Mehrere Reiserouten hatte Masri zu diesem Zweck bereits ausgewählt.
Zunächst plante er sich in Jordanien einen syrischen Pass zu besorgen, um damit zum Vorwand einer Pilgerreise oder als angeblicher Gold-Händler nach Saudi-Arabien und dann nach Somalia zu reisen. Weil Jordanien aber den "USA im Kampf gegen den Terror hilft", sei es besser mit einer Coverstory (beispielsweise ein Schmuck-Händler zu sein) von Chicago nach Los Angeles zu fliegen und von dort aus per Auto nach Mexiko zu fahren. In Mexiko wollte Masri einige Tage bleiben, das Schießen mit verschiedenen Waffen üben und dann weiter über Venezuela oder Panama, unbeobachtet von amerikanischen Geheimdiensten, in den Nahen Osten oder nach Tansania bzw. Zanzibar zu fliegen.

Der "Source" erzählte Masri, er habe einen Kontakt in Großbritannien, der ihnen die Reise nach Somalia ermöglichen könne. Damit meinte der US-Amerikaner augenscheinlich jene Frau mit Wohnsitz London, mit der er am 28.Juli telefonierte. In welcher Beziehung die beiden Personen stehen, ist den US-Ermittlern noch nicht recht klar. Offenbar hatte Masri die Absicht die Frau zu heiraten. Tatsache ist, dass der Islamist ihr mehrfach in Telefonaten, die vom FBI mitgeschnitten wurden, seine Liebe versicherte. Nur sein Wunsch in den Heiligen Krieg zu ziehen, hielt ihn ab, nach England zu fliegen. Er solle sie noch vor seiner Reise nach Somalia heiraten und mit ihr ein Kind zeugen, bevor er seine Pflicht gegenüber Allah erfülle, bat die Londonerin.

Masri aber wollte so schnell wie möglich ein Mujahid werden und schwärmte gegenüber dem FBI-Informanten von den al-Qaida Kämpfern in Somalia und vom Kampf für den Glauben gegen die Feinde Gottes. Er sei ein glühender Anhänger vom us-jemenitischen Sheikh Anwar al Awlaki, gab Masri gegenüber "Source" zu, und hoffe dass al Awlaki bald zum al-Qaida Führer aufsteige.

In den vergangenen Monaten waren FBI-Ermittler Masri längst auf der Spur. Sie hatten den US-Amerikaner ägyptischer Abstammung als potenziellen al-Qaida Rekruten ausgemacht und ihn mit Hilfe des verkabelten Informanten bei der Planung seiner Terror-Reise begleiten können. Insgesamt "40.000-45.000 US-Dollar" habe man dem Informanten für seine Dienste bezahlt, so heißt es in den FBI-Protokollen. Nach Einschätzung der US-Behörde war es diese Summe wert einen der zukünftigen amerikanischen Dschihad-Kämpfer noch vor seiner Ausreise aufzuspüren.

Shaker Masri war entschlossen ein Gotteskrieger zu werden. In Mexiko wolle er Märtyrer-Videos drehen, verriet er dem Informanten, er habe Kontakt zu Ausländern innerhalb der Al Shabaab. Außerdem bräuche er einen neuen Laptop, und seinen alten müsse er zerstören. Was darauf sei, könne ihn "hinter Gitter bringen." Dem vermeintlichen Mitstreiter gab er zu bedenken, dass man sie international suchen werde, sobald sie sich auf den Weg gemacht hätten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden sie nicht mehr in die USA zurückkehren.

Als er an einem Nachmittag per Zufall eine vierköpfige Gruppe amerikanischer Soldaten in Uniform saß, erklärte Masri, er wünsche er könne zu ihnen gehen und sich in die Luft sprengen. Warum er dies für nur vier tote Soldaten tun würde, fragte ihn der FBI-Informant. "Du hast recht, es wäre besser wenn man gleich einen ganzen Bus voller Soldaten bomben könnte", so die Antwort des in Alabama geborenen Islamisten.

Am Abend des 29.Juli traf sich Masri erneut mit "Source" und buchte online zwei One-Way-Tickets vom Chicagoer Flughafen O´Hare nach Los Angeles am 04.August mit Southwest-Airlines. Masri wollte seinen Plan in die Tat umsetzen, über Mexiko irgendwie nach Nahost zu kommen und dann weiter ans Horn von Afrika.
Auf dem Weg zum Flughafen klickten schließlich die Handschellen. FBI-Beamte setzten dem Traum von Shaker Masri ein abruptes Ende.

Masri wird nun kein weiterer amerikanischer Söldner im Dienste der Al Shabaab werden. Bis zu 15 Jahre Haft drohen ihm für die Unterstützung ausländischer Terror-Organisationen und die Planung von Anschlägen gegen US-Bürger.