Friday, March 19, 2010

"Two-Face of Terror" - Der Fall David C. Headley


Wohl kaum ein Terrorverdächtiger seit dem 11.September 2001 war derart kurios und mysteriös wie David Coleman Headley.
Der 49jährige US-Amerikaner mit den verschiedenfarbigen Augen steht derzeit vor einem amerikanischen Gericht, ihm wird vorgeworfen in Dänemark und Indien Ziele für Terroranschläge ausgespäht zu haben. Im indischen Mumbai habe Headley im Auftrag einer pakistanischen Terrorgruppe jene Ziele ausgekundschaftet, auf die im November 2008 Attentate verübt wurden, bei denen auch mehrere Ausländer starben.

Gestern dann bekannte sich David C. Headley erstmals schuldig, tatsächlich als Terror-Handlanger gearbeitet zu haben. Die US-Bundespolizei FBI hatte ihn bereits im Oktober 2009 festgenommen als er zu ein Flugzeug in Richtung Pakistan besteigen wollte.

Rache für Mohammed-Karikaturen

In den Jahren und Monaten vor seiner Festnahme war Headley so etwas wie ein Globetrotter im Auftrag des Dschihad. Er reiste nach Europa, besuchte in Kopenhagen die Verlagshäuser jener dänischen Zeitung, die mit den Mohammed-Karikaturen vor wenigen Jahren weltweiten Protest von Muslimen ausgelöst hatte.
Headley wollte einen Rache-Anschlag vorbereiten, so die US-Ermittler, er filmte potenzielle Ziele und brachte die Filme nach Pakistan, in die Stammesgebiete von Waziristan.

Hier soll sich der Drahtzieher und Hintermann der Terrorpläne, der Pakistaner Iylas al-Kashmiri versteckt halten. Der Anführer der islamistischen Harakat ul-Dschihad al Islami ist ein ehemaliger Elite-Soldat der pakistanischen Armee und gilt als enger Verbündeter des Geheimdienstes ISI.

David Headley soll von den USA aus per Internet Kontakt zu pakistanischen Islamisten aufgenommen haben. Diese hätten ihn schließlich an Kashmiri vermittelt, der den Amerikaner beauftragte mögliche Anschlagsorte im verhassten Nachbarland Indien und in Europa auszuwählen. "Mickey Mouse Plan" nannten die Verschwörer die Attentatsvorbereitungen auf die dänische "Jyllands-Posten".

Seine Reisen rund um den Globus organisierte Headley offenbar durch die Hilfe des kanadisch-pakistanischen Geschäftsmannes Tahawur Hussain, der eine Art Reisebüro für Immigranten betrieb. Auch Hussain, der einen Firmensitz nahe Chicago besaß, befindet sich inzwischen in US-Gewahrsam, plädiert allerdings auf unschuldig.

Ein Doppelleben

David C. Headley führte ein Doppelleben. Familie und Bekannte sind überrascht von der islamistischen Überzeugung und den Terrorambitionen des 49jährigen.
Wie wurde aus dem Sohn eines pakistanischen Diplomaten ein Vielflieger im Auftrag des Terrors? Wann setzte im Leben des ehemaligen Drogendealers und Lebemannes die Radikalisierung ein, die ihn schließlich zum Wegbereiter für den Massenmord werden ließ?


Die Geschichte des David C. Headley beginnt in Washington D.C.. Hier erblickte er am 30.Juni 1960 als Daoud Gilani das Licht der Welt. Sein Vater, ein pakistanischer Diplomat hatte eine Amerikanerin aus Philadelphia geheiratet, eine Society-Frau mit Karriereplänen und feministischem Touch.

Ende der 1960er Jahre zogen die Gilanis nach Pakistan, Daoud besuchte fortan eine einheimische Schule, später dann eine Militärakademie. Die Eltern trennten sich wenige Jahre nach ihrem Umzug in Pakistan.

Headleys Mutter verließ ihren Ex-Mann und ließ auch den Sohn zurück. Sie zog nach Philadelphia und eröffnete eine hunder Jahre alte Kneipe, die sie in Anlehnung an ihre Liebe zu Pakistan "Khyber-Pass Bar" nannte. Im Jahr 1977 erhielt sie das Sorgerecht für Daoud und holte den 17jährigen in die USA.
Zusammen mit seiner Mutter lebte Daoud in einem kleinen Appartment über der Kneipe, verbrachte seine späten Teenager-Jahre an der US-Ostküste.


Er galt als Lebemann, feierte Partys, heiratete eine Blondine, von der er sich kurze Zeit später wieder scheiden ließ. Seinen Vater und die Großeltern in Pakistan besuchte der Amerikaner zwischendurch immer wieder.
Irgendwann in den 1980ern kam der Amerikaner mit Drogen in Kontakt. Aus Daoud Gilani dem Diplomatensohn wurde Daoud Gilani der Heroin-Dealer.


In New York eröffnete er einen Videoverleih, verdiente wohl aber mehr Geld mit dem Drogenhandel als mit den Filmen. Unbeobachtet blieben die Aktivitäten Gilanis nicht.
Am 07.Februar 1997 stellte ihm das FBI eine Falle. Die Drogenermittler täuschten einen Deal vor, bestellte Daoud Gilani in das Zimmer 909 eines New Yorker Hotels.
Als er dort mit mehreren Kilo Heroin aus dem Mittleren Osten auftauchte, klickten die Handschellen. Ein Fluchtversuch Gilanis aus dem Hotel scheiterte.

Während er in Untersuchungshaft saß, so berichtet ein Onkel, habe er sich geschworen sein Leben Allah zu widmen sollte er diese schwierige Zeit der Kriminatlität überstehen.
Ein Mitkomplize wurde zu 10 Jahren Haft verurteilt, Gilani aber wurde nach 15 Monaten auf freien Fuß gesetzt. Verwandte und Freunde vermuten, das FBI habe ihn als Informanten angeworben und fortan nach Pakistan und Afghanistan geschickt, um den Heroin-Verkehr zu unterwandern.

Auf einer jener Reisen soll Gilani Kontakte geknüft haben zu einem Ex-Militär namens Abdur Rehman, der mittlerweile die Seiten gewechselt hatte und für islamistische Gruppierungen wie Lashkar e-Toiba arbeitete.
Deneben verkehrte der US-Amerikaner aber auch weiterhin in den Kreisen seines Vaters, besuchte High-Society Veranstaltungen in Islamabad, traf indisch-pakistanische Schauspielgrößen und Politiker.

Aus Daoud dem Pakistaner wird David der Amerikaner

Langsam aber sicher baute sich Daoud Gilani ein unauffälliges Profil auf. Den letzten Schritt zum unauffälligen Terrorschläfer vollzog er im September 2006. Er änderte seinen Namen und ließ das christlich-jüdisch anmutende "David Coleman Headley" in seinen Pass eintragen. Von diesem Zeitpunkt an war Daoud Gilani zu einem Agenten pakistanischer Islamisten geworden. Mühelos erhielt er mit seinem amerikanischen Namen ein Visa für einen Besuch in Indien, reiste u.a. in die Hippie-Hochburg Pune, nächtigte nur unweit jener "German Bakery" die im Februar Ziel eines Anschlages wurde.


Dank Internet- und Telefonüberwachung stießen amerikanische Ermittler auf verdächtige Konversationen zwischen den USA und Pakistan, beobachteten wie Headley in islamistischen Internetforen von seinen Reisen in die pakistanischen Stammesgebiete berichtete und lasen mit, als er verkündete er fühle sich zur Gewalt gegen die Mohammed-Karikaturisten hingezogen.

Egal was er sei, schrieb Headley Ende Dezember 2009 aus dem Gefängnis an seinen Onkel, "ob nun 50% Amerikaner, 50% Deutsch oder 25% Pakistaner", er sei immer und jederzeit "100% Muslim".

No comments: