Thursday, June 11, 2009

Afrikas "starke Männer" sterben aus


41 Jahre, 193 Tage - das ist nicht etwa die Dauer des Kalten Krieges sondern es handelt sich um die längste Amtszeit eines neuzeitlichen Staatsoberhauptes, welches am Montag in einem spanischen Krankenhaus verstarb.
Nur neun andere Präsidenten und Premiers seit 1901 regierten länger in ihrem Amt als Omar Bongo, der unangefochtene Diktator der zentralafrikanischen Republik Gabun. Am 08.Juni 2009 erlag der 73jährige Alleinherrscher in Barcelona einem Krebsleiden (offiziell Herzstillstand). Bongo war nur ein Beispiel für die Form von Politikern auf die der schwarze Kontinent gut verzichten könnte, aber er war ein mehr als beeindruckendes Symbol politischen Versagens und einer Heuchlerei der Weltgemeinschaft, die bis zum heutigen Tag Staatsmänner seines Schlags duldet, unterstützt, hofiert und benutzt. Alles zum Leiden der Völker die in ganz Afrika den Kolonialismus überwunden, ihn letztendlich aber nur gegen Despotismus getauscht haben. Hier ein sicher nicht freundlich gemeinter Nachruf an einen Mann dessen Tod auch das Ende einer Ära der “großen Männer Afrikas” einleitet, das schon viel zu lange auf sich warten lässt.


Den wenigsten Europäern dürfte die Republik Gabun bekannt sein. Sie ist nur einer von dutzenden afrikanischen Kleinstaaten deren Existenz in erster Linie auf die Willkür und imperiale Freiheit der Kolonialmächte zurückgeht. Teilweise aus strategischen, ökonomischen und auch politischen Gründen zogen die europäischen Herren in Afrika die Grenzen ihrer Überseebesitzungen, ließen einige absurde Staatengebilde entstehen die sich jeder kulturellen, ethnischen und religiösen Gegebenheit entziehen. Einige Politologen sehen in dieser historischen Tatsache den Grund weshalb gerade in Afrika zu grenzübergreifende Bürgerkriegen und Stammeskonflikten kommt. Zu jenen afrikanischen Nationen deren Grenzziehung ein koloniales Erbe ist gehört Le Gabon. Erst 1839 siedelten französische Kolonialisten im damaligen Loango-Land des Bantu-Stammes, an der Atlantikküste, direkt am Äquator. Die Franzosen gliederten die von ihnen eroberte Region in ihr Herrschaftssystem der Kolonien ein, nur knapp 30 Jahre später wurde Gabun Teil von Französisch-Kongo, keine zwei Jahrzehnte später wieder ausgegliedert und angeschlossen an Französisch-Äquatorialafrika. Als dieses Phantasiegebilde Ende der 1950er Jahre aufgelöst wurde entließ Paris den Zwergstaat in die Autonomie entlassen. Erster Präsident wurde der langjährige treue gabunische Kolonialbeamte, Ex-Journalist und seit 1957 als stellvertretender Regierungschef Léon Mba. Dem ehemaligen Bürgermeister der Hauptstadt Libreville verdankt Gabun bis heute seine äußerst guten Beziehungen zu den französischen Ex-Kolonialherren. Nur durch sie überlebte er im Februar 1960 einen Militärputsch gegen ihn, den französische Fallschirmspringer zurückschlagen konnten. Im Frühjahr 1967 wählte man Mba wieder ins Amt, im November des selben Jahres verstarb der überzeugte Kämpfer für die Unabhängigkeit Gabuns von den Nachbarstaaten, in Paris. Seine Nachfolge trat der damals 31jährige Vorsitzende der Einheitspartei PDG Albert-Bernard Bongo an. Mit ihm begann eine Zeit in der Gabun außenpolitisch seinen Weg an der Seite Frankreichs und der USA fand, während des Kalten Krieges eindeutig Stellung bezog, innenpolitisch aber zu einer absolut autoritär regierten Diktator einer Partei und deren Vorsitzenden wurde. Bongo schloss ein Studium an der Technischen Universität ab und leistete einen mehrjährigen Dienst bei der französischen Luftwaffeneinheit. Von Anfang an galt sein Interesse der Wirtschaftspolitik und den Beziehungen zu den ökonomischen Weltmächten USA und Europa. Sieben Jahre nach dessen Unabhängigkeit übernahm Präsident Bongo Gabun als einen Staat von dem bekannt war dass seine Rohstoffquellen gewaltig und sein potentieller Reichtum unermesslich erschienen. Man hätte, so werfen ihm Kritiker auch post-mortem vor, mit einer vernünftigen politischen Führung, mit einer Minderung der Korruption, Vetternwirtschaft und Verschwendung, Gabun zu einem Kuwait Afrikas machen können. Blickt man heute auf den 1,4 Millionen-Staat trifft man auf ein Land dessen Bevölkerungsmehrheit an der Armutsgrenze lebt, gewaltige Slums türmen sich hinter den Großstädten Brazzaville und Port Gentil. Durchschnittlich muss ein Mensch in Gabun heute von immer noch knapp 2$ pro Tag leben, die medizinische Versorgung hat sich zwar im Vergleich zu den frühen Jahren der Republik gebessert, trotzdem sterben noch immer knapp 100 von 1,000 Neugeborenen, die AIDS-Rate nimmt rasant zu und die Seuchengefahr ist laut UN so groß, dass die Regierung versucht die Armenviertel der Städte abzuriegeln und Flächenbrände zu verhindern. Gegensätze dominieren das Bild Gabuns im neuen Jahrtausend. Immer noch sehen ländliche Gegenden aus, als hätte man es mit einem trostlosen, bürgerkriegsgeplagten, ärmlichsten Nation zu tun. Jahrzehntelang von einem luxusliebenden, verantwortungslosen Despoten regiert sah die Bevölkerung Gabuns nie etwas vom angeblichen Rohstoffreichtum. Seit seinem Amtsantritt hatte Bongo verschiedene Posten in den Ministerien und der Verwaltung an Familienmitglieder und enge Freunde vergeben, die Korruption zog sich durch den gesamten Staatsapparat, die Ausgaben für Militär und andere Sicherheitsdienste stiegen rapide an. Stück für Stück sicherte sich er sich seine Macht und etablierte seine Partei als einzige politische Kraft. In den 1970er Jahren verschwanden zahllose Oppositionelle, darunter auch Kommunisten und Sozialisten, viele saßen jahrelang in Gefängniszellen, wie viele ermordet wurden weiß niemand. Aus der ersten Wiederwahl im Februar 1973 ging die PDG mit utopischen 99,6% der Stimmen als Sieger hervor. Im selben Jahr konvertierte der Angehörige des heidnischen Bateke-Volkes zum Islam, änderte nach seiner Pilgerfahrt seinen Namen in Omar Bongo. Sechs Jahre später erzielte er ein ähnliches Wiederwahlergebnis wie 1973 und ließ damit keinen Zweifel daran dass ein politischer Wechsel auf demokratische Weise nicht stattfinden wird. Bongo orientierte sich außenpolitisch in Richtung Europa, stärkte bei jeder Gelegenheit die Verbindung zu Frankreich, reiste mehrmals jährlich nach Paris und Süd-Frankreich. Nach seinem Übertritt zum Islam etablierte er zudem Beziehungen zur arabischen Welt, freundete sich mit Muammar al Gaddafi von Libyen an und trat häufig als Vermittler zwischen den muslimischen Staaten Afrikas auf. Öl füllt in erster Linie die Staatskassen Gabuns, und die verwaltete Bongo immer schon wie sein Privatvermögen. Dank der vom Präsidenten verliehen Lizenzen förderten vor allem französische Konzerne seit den späten 1960er Jahren sowohl vor der Küste Gabuns als auch in den Regenwäldern des Inlandes Erdöl. Um diesen wichtigen Rohstofflieferanten nicht zu verlieren versicherte Paris dem gabunischen Präsidenten seine Regierung stehe unter dem Schutz des französischen Militärs, welches auch Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit noch Stützpunkte außerhalb von Libreville unterhält. Bis heute leben noch 60,000 französische Staatsbürger in Gabun, die meisten im Dienst der Ölkonzerne, Wirtschafts- und Industrieunternehmen, im diplomatischen Dienst und als Armeeangehörige. 1986 trat zum letzten Mal die Einheitspartei PDG Bongos als einzige Partei bei den Parlamentswahlen an. Vier Jahre später machten schwere Unruhen im Land, ausgelöst durch den mysteriösen Tod des Oppositionsführers Redjambe, die Fortsetzung der Alleinherrschaft der PDG unmöglich. Andere politische Organisationen wurden zugelassen, die Wahlen verliefen anscheinend frei und ohne Eingreifen der herrschenden Führung um Omar Bongo. Vom offiziellen Ergebnis von 51,2% konnte man halten was man wollte, selbst in Frankreich bezweifelte man diesen Wahlausgang erheblich und sah es als fast schon lächerlichen Versuch einer pseudo-demokratischen Politshow. Der starke Mann von Libreville hatte sich das Ruder nicht aus der Hand nehmen lassen und verbuchte 1998 mit 66,88% wieder einen überwältigenden Sieg. Zu dieser Zeit herrschten in Gabun Zustände die internationale Beobachter als absurd beschrieben. Besucht man heute die Hauptstadt, deren Einwohnerzahl von 30,000 Ende der 60er Jahre auf mittlerweile über 570,000 Menschen angewachsen ist, dann trifft man auf eine afrikanische Metropole die so gar nicht in der Bild passen will was sich in die westlichen Köpfe eingebrannt hat. Gelegen zwischen dem bürgerkriegszerstörten Kongo und den ausgebluteten Zwergstaaten Westafrikas ist Gabun zu einem kontrastreichen Beispiel für absolutes politisches Versagen geworden. Libreville, gelegen an einer Meerenge an der, der Como-Fluss in den Atlantik mündet, gehört laut dem US-Magazin “The Economist” zu den fünf teuersten Städten der Welt. Die Einkaufsmeilen bieten Designer-Kleidung, luxuriösesten Schmuck und allerlei unnützen schillernden Kram an, die Autohäuser offerieren nicht nur Mercedes- und BMW-Limousinen sondern auch amerikanische Hummer-Jeeps und italienische Sportwagen an. Wer will kann sich in einem der zahllosen extrem teuren Restaurants und Cafes verwöhnen lassen, Weine kosten teilweise 400$ pro Flasche. In den Clubs und Diskotheken herrschen St.Tropez und Miami-Zustände, es wird durchschnittlich pro Kopf mehr Champagner ausgeschenkt als in Paris, Hotelzimmer können vom Standard und dem Preis locker mit London oder New York mithalten. In Libreville und dem Geschäftsviertel der zweitgrößten Hafenstadt Port Gentil erscheinen die angebotenen Immobilien so unfassbar teuer dass es nach afrikanischen Verhältnissen nur ein Witz sein kann, wenn Apartments und Büroräume mit Blick auf den Ozean für tausende Dollars pro Quadratmeter verkauft werden. Bei einer Jahresdurchschnitttemperatur von 26°C und einer Luftfeuchtigkeit die tropische Ausmaße hat fällt der Vergleich schwer, aber in Gabun findet sich tatsächlich das afrikanische Moskau. Für der Haustür liegt der fischreiche Atlantik, das Hinterland könnte fruchtbares Agrargebiet sein, trotzdem importiert man fast alle Lebensmittel aus dem Ausland. Supermärkte und Delikatessläden bieten alles was sich das Millionärsherz wünscht, vom russischen Kaviar bis zum kanadischen Hummer und weißen Trüffeln. Zu verdanken hat der ausländische Besucher dieses Luxustheater vor allem dem kleingewachsenen Präsidenten. Omar Bongo war nie für Bescheidenheit bekannt, er nahm sich was er wollte, die Finanzen seines Staates waren sein Privateinkommen das er nach belieben verteilte und ausgab. Jeden Tag leistete sich der Despot mehrere Helikopterflüge, seine Trips von den Privatanwesen zum Parlament fanden über den Köpfen der Gabuner statt die unten in den Slums rings um die großen Städte leben, geplagt von fehlenden sozialen Leistungen, ohne eine funktionierende Infrastruktur, in erbärmlichsten Verhältnissen. Stimmen die Berichte der internationalen Korruptionsbeobachter von “Transparency International”, dann verfügte Omar Bongo bei seinem Ableben vor wenigen Tagen über ein Vermögen von einigen Milliarden Dollar. Quellen nennen Bongo als einen der 25 reichsten Menschen, dessen Finanzen ihm einen Platz in der internationalen Politik verschafften und ihn zum Freund und Partner etlicher Staatsmänner werden ließ. Insgesamt über 33 Luxusanwesen alleine in Frankreich soll die Familie Bongo besitzen, als letztes kam eine etwa 15 Millionen Euro teure Villa in Paris zur Sammlung dazu, dort sollen schon neun Wohnungen und Häuser im Besitz des Diktators sein. Weitere französische Immobilien befinden sich in Nizza (sieben Villen und Apartments) und in der Nähe Monaco. Anwesen in den USA, mindestens drei Villen in Großbritannien, Apartments in Dubai, Rabat, Marrakesch, Beirut und ein Gebäudekomplex auf den Bahamas zählen ebenfalls zu den Immobilien des verstorbenen Präsidenten von Gabun. Als wäre dieser überschwängliche Luxus nicht schon skandalös genug veranlasste Bongo dass beinahe alles über Mittelsmänner, Treuhänder und Banken erworben wurde. Nahe dem Elysée -Palast in Paris kaufte eine in Luxemburg ansässige Treuhand-Firma 2008 im Auftrag des Präsidenten ein gewaltiges Eigenheim. Die offiziellen Geschäftspartner waren Omar und Yacine, die Kinder Bongos, 13 und 16 Jahre alt. Andere dubiose Geschäfte liefen über seine zweite Ehefrau Edith Sassou-Nguesso, eine Tochter des ehemaligen kongolesischen Staatschefs die Omar 1990 ehelichte und die im März 2009 im marokkanischen Exil verstarb. Sie kaufte sich u.a. auf Rechnung der Gabuner Staatsbank im Februar 2004 einen Maybach in Cote d´ Azur-blauer Lackierung für 310,000€, die 52jährige Tochter Bongos aus erster Ehe leistete sich auf Staatskosten einen 60,000€ Mercedes-Sportwagen. Natürlich verzichtete der eher friedliche Diktator nicht auf eigenen Luxus, trug im Laufe der Jahre eine ganze Flotte von Ferraris und Porsches zusammen, chauffierte sich selbst und seine Gäste in RollsRoyce, tätigte Auslandsreisen in einer für private Zwecke umgebauten Airbus-Maschine. Früh schon deckten internationale Untersuchungskommissionen die marode Misswirtschaft in Gabun auf, Kontrollinstitutionen in Frankreich und den USA wiesen auf die völlig grenzenlose Korruption hin und die illegalen Geschäfte der Staatsführung. Fast 130 Millionen Dollar, so fand der US Senat 1999 nach Anordnung einer Analyse der Citibank-Machenschaften heraus, habe Omar Bongo direkt in die Bank investiert. Das Geld, so erklärte man damals, sei vom Präsidenten aus dem Haushalt Gabuns entwendet und für private Zwecke verwendet worden. Ändern musste Bongo sein Handeln durch diese Untersuchung und Offenlegung noch lange nicht. Er hatte seine Schäfchen im Trocknenen, besonders durch die Unterstützung von Politikern in Europa und den Vereinigten Staaten. 1981 trat Jacque Chirac zum ersten Mal zur Wahl in Frankreich an, seine Kandidatur spaltete die Rechts-Mitte-Bewegung und sorgte schließlich dafür dass der aussichtsreichere Amtsinhaber Präsident Giscard, gegen Mitterrand verlor. Schon kurze Zeit später wurde bekannt dass der Wahlkampf des Außenseiters Chirac zum großen Teil vom Gabuner Präsident Bongo finanziert worden war. Schwerer belastete Bongo nur die Affäre um den früheren französischen Staatskonzern Elf Aquitaine. Der heute als TOTAL bekannte Öl-Konzern zahle Bongo über die Jahre hinweg Millionen um die Förderrechte auszuweiten und die Rohölforderung ausdehnen zu können. Zusammen mit anderen afrikanischen Staatsoberhäuptern ist Bongo weiterhin Teil einer Untersuchung durch die französische Staatsanwaltschaft. Zum ersten Mal traf der frühere amerikanische Präsident George W.Bush den Herrscher von Gabun im Mai 2004 im Weißen Haus. Dass dieses Treffen überhaupt zustande kam verdankte Bongo dem Lobbyisten Abramoff, der die Zusammenkunft für einen Preis von neun Millionen Dollar arrangiert hatte. Profitieren konnte Gabun daraus vor allem durch wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Aussichten dass amerikanische Firmen dem kleinen Land bei der Modernisierung der Infrastruktur unter die Arme greifen würden. Bongo hingegen ging es primär um Prestige, er konnte den US-Präsidenten zu den Personen zählen denen er während seiner Jahrzehnte dauernden Amtszeit die Hand schütteln durfte. Zuletzt bestätigte die Wahl im November 2005 Bongo und sein Kabinett mit 79,2% aller Stimmen für eine weitere Runde an der Macht im Gabuner Parlament. Erzielt hatte der alte Mann dies wieder einmal durch Wahlbetrug, Einschüchterung, Unterdrückung der Opposition, Missachtung von Freiheits- und Menschenrechten, Beschneidung der Meinungsfreiheit. Wieder gab es Stimmen aus der UN und von internationalen Beobachtern die darauf hinwiesen dass man es mit einem lupenreinen Diktator und in keiner Weise mit einem demokratisch gewählten Führer zutun hat. Den Gabunern scheint ihre Lebenssituation immer unerträglicher, wobei es dabei weniger darum geht dass sich die Verhältnisse sichtbar verschlechtert hätten. Es geht darum was sein könnte, aber nicht ist. Milliarden aus der Ölförderungen hatte Bongo verschwendet und vernichtet, von keinem Dollar profitierte die Bevölkerung, alles wurde ausgegeben um einen Staat zu errichten der international im besten Fall ignoriert, im schlechtesten Fall aber unterstützt und als souveräner Wirtschaftspartner anerkannt wird. Frankreichs Interessen sind mehr als klar, es geht um eine Sicherung für günstige Rohstoffe und darum einen strategisch wichtigen Platz in Afrika zu behaupten. Ganz nebenbei verfolgen die USA zusammen mit der EU in Gabun auch die Strategie den chinesischen Einfluss auf dem schwarzen Kontinent zurückzudrängen. Ölreiche Nationen verfallen den Angeboten aus Peking, lassen chinesische Bauarbeiter Autobahnen, Schienensysteme, Hafenanlagen, Krankenhäuser und Militärbasen bauen, im Gegenzug für billiges Rohöl, Gold, Kupfer und Diamanten. Der Griff des Roten Reiches nach dem schwarzen Kontinent und seinen Reichtümern bringt die Weltpolitik in den nächsten Jahrzehnten zumindest in diesem Teil der Erde durcheinander. Diktatoren wechseln die Seiten, schließen neue Allianzen, Bürgerkriege erleben durch neue Mitspieler, Finanziers und Interessengruppen teilweise frischen Aufschwung. Bisher unbeachtete Gebiete drohen durch den Sturz der dortigen Regime und der Anzettelung von ethnischen Konflikten im Chaos zu versinken, das für Konzerne aller Couleur die ideale Situation entstehen lassen Geschäfte zu machen, Lizenzen und Verträge zu gewinnen mit der jeweils mächtigsten Partei der Bürgerkriege. Gabun gerät besonders durch seine Bodenschätze in das Visier der großen Globalplayers. Natürlich Öl (80% aller Exporte), aber auch Uran, Gold und Mangan wecken das Interesse der rohstoffhungrigen Giganten China und Indien. Nicht unwichtig ist Gabuns Stellung unter den Tropenholzexporteuren der Welt, immerhin gut 78% der Landesfläche sind Regenwald, teilweise unberührte Natur in der Gorillas und seltene zentralafrikanische Elefanten zu finden sind. Die Gabuner selbst produzieren meist für den Eigenbedarf, verkauft ins Ausland werden nur noch kleine Mengen Kaffee, Kakao, Gummi und Palmöl. Trotz des immensen Potentials die Agrarnutzflächen zu erschließen die sich in Gabun ergeben, muss der Staat Lebensmittel, die meisten aus Frankreich und den USA, importieren. Holz- und Papierindustrie bestimmen den ökonomischen Sektor des Landes neben der Erdölindustrie. Größtes Problem für die Gabuner bleibt die Staatsverschuldung deren Höhe ständige Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds nötig machen und die gesamte Nation in eine permanente, immer größer werdende Abhängigkeit von europäischen anderen westlichen Banken zwingen. Präsident Bongo kümmerte sich darum gute wirtschaftliche Beziehungen zu den Großen in Europa und Washington zu pflegen, internationale Konzerne für Gabun zu gewinnen. Sein eigener Lebensstil und die durch den gesamten Beamtenapparat zu verfolgende Korruption und der Mangel an Überwachung und Bekämpfung der Misswirtschaft und Verschwendung machten es zu Lebzeiten Bongos unmöglich der Bevölkerung bessere Lebensumstände zu bescheren, trotz der Tatsache dass Gabun mit 3,700 Euro Bruttosozialprodukt pro Kopf zu den reichsten Staaten südlich der Sahara gehört. Bongos zweite Ehefrau Edith Lucie Bongo verstarb am 14.März 2009 in Rabat an einer nicht offiziell genannten Erkrankung. Daraufhin verließ der Präsident Gabun und zog sich für seine Trauer im Mai nach Spanien zurück, so zumindest die Meldung von Gabuner Seite. Tatsächlicher Grund für seine Reise dürfte eine schwere Krebserkrankung gewesen sein die Omar Bongo in einem Madrider Hospital behandeln lassen wollte. Hier ereilten den Herrscher von Gabun schließlich am Montag der Tod und seine 42jährige Amtszeit ohne Unterbrechung und ernsthafte Gefährdung durch innere oder äußere Feinde hat ein Ende. Bereits Tage zuvor hatten Spekulationen über sein mögliches Ableben, die daraufhin sofort von Regierungssprechern dementiert wurden, dafür gesorgt dass in Gabuns Städten die Menschen Lebensmittelvorräte aufkauften und sich für bürgerkriegsähnliche Zustände wappneten. Für mehrere Tage schaltete man das Internet ab, im Fernsehen waren nur noch religiöse Lieder und Bilder des Präsidenten zu Lebzeiten zu sehen. Wie so oft in Afrika ist es das Militär, der Polizeiapparat und die Geheimdienste die in Gabun die Kontrolle und Sicherheit leisten, bis eine neue Führung gefunden ist. Offiziell setzte man einen Monat der Trauer für den verstorbenen Despoten an, danach soll ein neuer Präsident ernannt werden. Favorisierter Kandidat ist Bongos Sohn Ali, der seit 1999 das Amt des Verteidigungsministers inne hat. Ebenfalls als einflussreich und mächtig gehandelt wird die Präsidententochter Pascaline, deren Posten im Moment die Direktion des Kabinetts ist. Laut Verfassung übernahm die Senatsführerin Rose Francine Rogombe die Position der Interimspräsidentin für die Übergangsphase in der ein neuer starker Mann für Gabun gefunden werden muss. Geradezu lächerlich wirken die Beileidsbekundungen internationaler Staatsoberhäupter, wie etwa Nicholas Sarkozy der von einer “schwierigen Zeit für das Gabuner Volk” sprach, und damit sicherlich nicht meinten dass es wohl kein Mitspracherecht bei der Wahl eines neuen Präsidenten haben wird. Man sei, so heißt es aus Libreville, zurück zum Einparteiensystem, gestützt von der Armee und den französischen Verbündeten.

Einigen Quellen zufolge soll Omar Bongo in seinem Leben 30 Kinder gezeugt haben, unter ihnen wird sich ein passender, wohl aber kaum ein geeigneter oder fähiger Nachfolger für den Thron der Macht finden lassen. Wahrscheinlich folgt auf die alte Generation der “starken Männer Afrikas”, deren Ende durch den Tod Mobutus 1997 eingeleitet wurde, eine neue Liga afrikanischer Diktatoren. Die Kinder der Idi Amins, Bongos oder Mugabes werden keine kampferprobten Freiheitskämpfer, keine ehemaligen Rebellen und Widerständler sein, sondern im Ausland ausgebildete, knallharte Geschäftsleute, kaum geeignet verantwortungsvoll und ertragreich Politik zu betreiben oder auch nur ein Land zu führen. Von ihren Vätern erben sie einen Kontinent für den die Jahrzehnte nach der Kolonialzeit kein Gewinn wahren, sondern eine blutige Spirale der Gewalt, Unterdrückung, Ausbeutung durch die eigenen machtbesessenen Politiker und internationalen Firmen. Von Libyen bis Simbabwe betrachten die Alleinherrscher Afrikas ihre Völker nicht als gleichgesinnte, nicht als Gruppe von Menschen deren Leben es zu verbessern gilt und denen man Rechenschaft für eigenes Handeln ablegen muss. Für ihre Führer sind die Afrikaner nichts anderes als eine Masse, ein Berg den es zu erklimmen gilt und auf dessen Spitze man sich mit Gewalt behaupten muss. “Wo das Bewusstsein schwindet, dass jeder Mensch uns als Mensch etwas angeht,” mahnte vor 54 Jahren Gabuns wohl berühmtester Arzt, Albert Schweitzer, “kommen Kultur und Ethik ins Wanken”. Dies scheint in Afrika nur allzu oft der Fall zu sein.

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