Iraks Premier Nouri al Maliki präsentierte die Fotos geradezu trophäengleich. Aufnahmen zweier Männer, einmal als Konterfeis noch lebender Personen, daneben die blutüberströmten Leichname der beiden gesuchten Terroristen.
Jahrelang jagten irakische und vor allem amerikanische Anti-Terror-Einheiten die Anführer der al-Qaida im Zweistromland. Im Juni 2006 schlugen sie dem Terrornetzwerk mit der Tötung von Abu Mussab az-Zarqawi den charismatischen Kopf ab und schwächten die lokale al-Qaida-Filiale damit wohl mehr, als es sich das Pentagon je hätte vorstellen können.
Abu Ayyub al-Masri alias "Abu Hamza al-Muhajir" in einem Video, das US-Truppen sicherstellten. Darin präpariert der Ägypter einen Tanklaster zu einer Autobombe
Seitdem Zarqawi aus dem Rennen war, hatten es die Terrorjäger auf seinen Nachfolger abgesehen. Der soll Ägypter oder Saudi sein, hieß es wenige Wochen nach Zarqawis Ermordung. Genaueres wusste niemand. Dann irgendwann tauchte ein Passfoto auf, das gleichzeitig zu einem Fahndungsfoto für den neuen Chef der irakischen al-Qaida werden sollte. "Abu Ayyub al Masri", so hieß Zarqawis wenig charismatischer, kamerascheuer Nachfolger. Er trat nie in Propagandavideos unverhüllt auf, erreichte nicht einmal annähernd jenen dschihadistischen Kult-Status wie der "Schlächter von Bagdad" und wurde damit zum wenig schillernden Kopf des irakischen Terrors.
Im April wurde al-Masri, der sich "Abu Hamza al-Muhajir" nannte, zum Verteidigungsminister des dschihadistischen Fantasie-Staates "Islamischer Staat im Irak" erkoren. Hinter diesem Decknamen eines vermeintlichen Dachverbandes der salafistisch-dschihadistischen Gruppen des irakischen Bürgerkrieges, verbirgt sich bis heute schlichtweg jenes al-Qaida Element des irakischen Widerstandes, das von ausländischen Islamisten dominiert und kontrolliert wurde.
Um einen Image-Wechsel zu vollziehen, und all jene Lügen zu strafen die behaupten ausländische al-Qaida Fanatiker hätten die irakischen Aufständischen quasi unterwandert und deren Kampf gegen die US-Truppen zu ihrem in erster Linie anti-schiitischen Dschihad verkehrt, wurde demonstrativ ein Iraker zum Anführer des "Islamischen Staates Irak" ernannt - "Abu Omar al-Baghdadi".
US-Geheimdienstler vermuteten hinter diesem Kampfnamen nichts anderes als eine künstliche Propagandafigur, erschaffen um dem Dschihad der al-Qaida im Irak ein irakisches Gesicht oder zumindest einen irakischen Namen zu verpassen. Letztendlich soll doch Zarqawis ägyptischer Nachfolger al-Masri weiterhin die Kontrolle über das Netzwerk behalten haben.
Angeblich ernannte ihn der ebenfalls aus Ägypten stammende Ayman az-Zawahiri persönlich zum Nachfolger des Jordaniers Zarqawi und damit zum "Emir der al-Qaida im Irak".
In Audiobotschaften und schriftlichen Statements meldeten sich die beiden Anführer al-Baghdadi und al-Muhajir ( = al-Masri) regelmäßig zu Wort, wiederholten dabei gebetsmühlenartig jene Phrasen und Racheschwüre, die auch schon Zarqawi vor Jahren verbreitete. Die Anführer der irakischen al-Qaida konnten das Netzwerk nicht wiederbeleben und mussten beinahe machtlos mit ansehen wie irakische und amerikanische Spezialeinheiten Nacht für Nacht erfolgreich Razzien gegen die Dschihadisten durchführten. Überall wurden Regionalkommandeure verhaftet, Autobomben-Zellen ausgehoben, rekrutierte Selbstmordattentäter vor ihrem Einsatz erschossen.
Die Strategie des Terrornetzwerkes veränderte sich in den vergangenen Jahren zusehens. Weg von kleinen Anschlägen auf US-Basen, Checkpoints, irakische Polizeistationen und schiitische Heiligtümer, hin zu Großanschlägen und Serien von Autobomben-Attentaten im Herzen von Bagdad. Mehrmals schlugen die al-Qaida Attentäter bereits nach diesem Muster zu, attackierten Gebäude der irakischen Regierung und Orte, die regelmäßig von Ausländern frequentiert werden.
Geheimdienstkreise gehen davon aus, dass al-Qaida eine unheilige Allianz mit Baath-Elementen des alten Saddam-Regimes eingegangen ist, um zu alter Stärke zurück zu finden. Al-Qaida liefert todeswillige Attentäter, oft junge Saudis und Nordafrikaner, und die im syrischen Exil lebenden Baathisten liefern das Geld und die Logistik um Sicherheitsvorkehrungen in Bagdad zu umgehen. Die Motivation ist simpel und fatal: Chaos.
Sowohl die ehemaligen Regime-Anhänger als auch die fanatischen Islamisten wollen dass der neue Irak unter schiitischer Dominanz nicht zur Ruhe kommt. Regelmäßiger Terror dort, wo sich die Iraker am sichersten fühlen, ein Blutzoll zum Preis den Irak auf keinen Fall zur iranischen Kolonie werden zu lassen.
Am vergangenen Sonntag dann war auch die Jagd auf die Spitze des Terrornetzwerkes im Irak nach Jahren der Fehlmeldungen von Erfolg gekrönt. Durch eine Verhaftung einiger ranghoher al-Qaida Leute wenige Tage zuvor waren irakische Geheimdienstler auf ein sogenanntes "Safehouse" in der westirakischen Region Al-Anbar aufgemerksam geworden. Eine gemeinsame amerikanisch-irakische Anti-Terror-Operation wurde gestartet und schließlich konnten nach einem Feuergefecht und dem Einsatz von Kampfjets eine ganze Reihe al-Qaida Führer zur Strecke gebracht werden. In den Trümmern eines Hauses der Region Thar Thar fanden die Terrorjäger die Leichen von al-Baghdadi und al-Masri.
DNA-Tests bestätigten ihre Identität am Montag und Iraks Premier verkündete die Nachricht vom Tod der al-Qaida Chefs bei einer Pressekonferenz in Bagdad. US-Vizepräsident Joe Biden nannte die Tötung der beiden Terroristen einen großen Schritt für die Iraker.
Ohne Zweifel versetzt der Tod der beiden wenig bis kaum bekannten Islamisten-Führer das Terrornetzwerk im Irak in eine Art Schockzustand. Nachfolge-Kämpfe werden einsetzen, Terrorzellen wissen nicht ob und wie weit Kommunikation untereinander jetzt noch sicher stattfinden kann, mögliche Anschlagspläne wurden zunichte gemacht.
Der "Präsident" des "Islamischen Staates Irak" - Abu Omar al-Baghdadi
Nichtsdestotrotz gilt auch in der Hierarchie des Terrors - niemand ist unersetzlich. Der Nachfolger von "Abu Ayyub al Masri" wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ähnlich oder noch weniger charismatisch sein als der Ägypter, der als Fachmann für Autobomben galt. Aus Afghanistan und Pakistan soll die irakische al-Qaida zum Jahreswechsel hin verstärkt worden sein. Sheikh Issa heißt eine der mysteriösen Figuren die Bin Laden nach Syrien entsandt haben soll um dem Dschihad im Irak neuen Aufwind zu verleihen. Die Ergebnisse werden bald folgen.
No comments:
Post a Comment