Sunday, April 4, 2010

Mord an einem Unbelehrbaren und die Angst vor der Rache


Blickt man in seine stechend hellblauen Augen, so beschrieb es ein Anhänger, dann sah man in Eugene Terre´Blanche, das Feuer des Patriotismus brennen.
Der 69jährige Südafrikaner war ein Kämpfer für eine längst verlorene Sache, ein Revolutionär der schon vor Jahren erkannte, dass sein Traum wohl ewig Wunschtraum bleiben wird. Dem Kampf abzuschwören kam dem überzeugten Rassisten, deshalb noch lange nicht in den Sinn.


Terre´Blanche war einer der Gründer und Vorsitzender der "Afrikaner Weederstandsbeweging" (AWB), einer rassistischen Bewegung weißer Südafrikaner, die in den 1990er Jahren international bekannt wurde durch ihren Widerstand die Apartheid abzuschaffen. AWB brandmarkte bereits in den 1980er Jahren Südafrikas Regierungen als liberal und verweichlicht und sah im Fall der Rassentrennung 1994 das Ende der Weißen im Süden Afrikas eingeläutet.
Dem damaligen südafrikanischen Präsidenten De Klerk, drohte Terre´Blanche beim Ende der Apartheid-Ära, mit "Bürgerkrieg", sollte dieser die Macht an Schwarze übergeben.

Mit Eugene Terre´Blanche, einem ehemaligen Polizisten, der einst auch als Personenschützer südafrikanische Regierungsmitglieder bewachte, fanden all jene weiße Südafrikaner ein charismatisches Sprachrohr, wie weiterhin davon träumten unter der Sonne Afrikas eine Art Kolonialleben fortsetzen zu können, in dem Weiße als Herrenmenschen herrschen, Schwarze nur als Gastarbeiter existieren dürfen und strikt getrennt leben von ihren Herren. Nichts anderes als Rassismus ist diese Ansicht der weiße Nationalisten Südafrikas gepaart mit religiösem Vorherrschaftgedanken und verkehrt zu einem Freiheitskampf eines angeblich vom Aussterben bedrohten Volkes.

Eugene Terre´Blanche präsentierte sich als Verfechter eines Überlebenskampfes seines Volkes, der Buren. Stolz auf seine Herkunft und kompromisslos in seiner Zielsetzung trat der bullige Farmer , dessen französische Vorfahren 1704 am Kap gelandet sein sollen, in den 1990er Jahren in Südafrikas Politik auf. Seine Organisation bedient sich der Nazi-Symbolik, Anhänger marschieren in schwarzen oder khaki-farbenen Uniformen und Armbinden, nennen sich selbst Soldaten. Als militante Bewegung geächtet, hängen der AWB bis heute nur eine winzige Minderheit der weißen Südafrikaner an.

Diejenigen, die sich hinter Terre´Blanche sammelten sahen sich in Darwins Kampf um Leben und Tod. Beherrscht vom schwarzen ANC fürchten die "Afrikaaner" ihre Ausrottung ihrer Rasse, schotten sich daher ab, gründen isolierte Kolonien im Hinterland und leben dort in ihrem eigenen, rassistischen Fantasiestaat. Terre´Blanche wollte aus diesen Gruppen überzeugter Nationalisten eine unabhängige Nation schaffen. Zusammengesetzt aus dem "Transvaal" und dem "Oranje Vreestaat" sollte eine burische Nation, der "Boerestaat" entstehen, in der Schwarze nur als Arbeitskräfte und Personal geduldet werden.
Er müsse sein Volk verteidigen, hatte Terre´Blanche vor wenigen Jahren noch geschworen, denn die schwarze Herrscherkaste im neuen Südafrika würde eine rassistische Politik betreiben die letztendlich zum Genozid an den weißen Bürgern des Landes führen würde.

Von seinem Anwesen in Ventersdorp, wo Terre´Blanche 1941 geboren wurde, organisierte der Rassistenführer die Bewaffnung seiner Anhänger. Jeder Bure solle sich auf den Kampf vorbereiten, mit dem Terre´Blanche den Bürgerkrieg meinte, von dem er glaubte er würde auf jedenfall kommen. Sein Großvater hatte bereist im 2.Burenkrieg gegen die britischen Kolonialherren gekämpft, sein Vater war Soldat in der südafrikanischen Apartheids-Armee.
Eugene Terre´Blanche selbst ließ sich von Doggen bewachen, posierte gern in Militäruniform, meist mit Revolver am Gürtel, im Sattel eines wuchtigen schwarzen Hengstes sitzend. Sogar zu Gericht ritt der Farmer zu Pferde.


In der von hunderten Morden und Überfällen jährlich betroffenen Farmer-Gemeinde Südafrikas sammelte Terre´Blanche eine treue Anhängerschaft von etwa 5.-6.000 burischstämmigen Afrikanern, die ähnlich wie er, der Ansicht ist, weiße Südafrikaner haben nur in einem eigenen Staat eine Überlebenschance. Sie selbst, so betonte es Terre´Blanche stets, seien nicht anders als Kurden, Tibeter oder Palästinenser, ein Volk ohne eigenen Staat.

Nachdem eine südafrikanisches Gericht Eugene Terre´Blanche wegen Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz 2004 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilte, wurde es ruhig um die burischen Nationalisten. Ihre charismatische Führerfigur saß als einer von nur drei Weißen, in einem südafrikanischen Gefängnis und fand dort nach eigenen Angaben zu Jesus.

Als "born-again" Christ, also als Anhänger der evangelikalen Lehre, änderte Terre´Blanche nach eigener Aussage, einige seiner radikalsten Ansichten. Egal ob schwarz oder weiß, jedes Volk hätte ein gott- und naturgegebenes Recht auf Freiheit. Im Klartext bedeutete dies, Terre´Blanche forderte kein Südafrika in dem Weiße über alle anderen Hautfarben herrschen, sondern erklärte es sei ausreichend einen eigenen Staat zu schaffen in dem Weiße über sich selbst herrschen könnten.

Waffengewalt sei außerdem nur zur Selbstverteidigung erlaubt, erklärte der Vater einer Tochter nach seinem Gefängnisaufenthalt. "Ohne Waffe kann man sich als Bure nicht verteidigen", so Terre´Blanche, "aber die Waffe muss natürlich ordnungsgemäß angemeldet werden."


Beobachter sagen Terre´Blanche habe schon vor Jahren die Sinnlosigkeit seiner politischen Forderungen erkannt. Das neue, bunte Südafrika, mit all den unbezwingbar scheinenden Herausforderungen der Kriminalität, HIV, Vergewaltigungen und Armut, lässt keinen Platz mehr für ein rassistisches Disneyland.
Terre´Blanche, der als hobbymäßiger Poet CDs auf Afrikaans über den Freiheitskampf der Buren gegen die Briten verfasste und bei jeder Gelegenheit die Romantik des Burenlebens pries, soll Alkoholiker gewesen sein. Von Seiten der Kritiker hieß es, eine politisch ambitionierte Organisation wie die AWB könne nicht nur mit alkoholbelebten Hass-Reden geführt werden.

Terre´Blanche mangele es an Disziplin, er sei ein arroganter, störrischer und realitätsfremder Träumer gewesen, der sich aufspielte und zwanghaft versuchte das Image des "Vaters des Burenvolkes" aufrechtzuerhalten. Dass er international als das Aushängeschild der burischen Südafrikaner galt, passte vielen AWB Mitgliedern nicht. D
er Personenkult um den bärtigen Farmer, der auf einer Landkarte schonmal zum Stift griff und Südafrika fiktiv aufteilte wie seinen Besitz, fanden viele, vor allem junge Buren, abstoßend. "Johannesburg kannst du haben", sagte Terre´Blanche arrogant und gebieterisch einem BBC-Reporter, als dieser fragte, in welchem Teil des Landes ein Buren-Staat entstehen soll, "dort ist die Mehrheit schwarz."



Gestern Nachmittag fanden Angestellte die Leiche des Buren-Führers Eugene Terre´Blanche im Schlafzimmer seiner Farm von Ventersdorp. Auf seinem toten Körper lag eine Machete, neben seinem Bett ein Schlagstock. Terre´Blanches Schädel war eingeschlagen, das Gesicht komplett entstellt.
Nur kurze Zeit später meldeten sich zwei Täter freiwillig bei der Polizei, es handelte sich um einen 15jährigen und einen 21jährigen schwarzen Angestellten, die für Terre´Blanche arbeiteten. Angeblich hatten die beiden Männer Terre´Blanche ermordet, weil es zuvor einen Streit um den Lohn der Angestellten gegeben hatte. Politische Motive seien zunächst nicht erkennbar, erklärte eine Polizeisprecherin.

Südafrika wartet nun auf das Nachbeben des Mordes. AWB-Führer Eugene Terre´Blanche ist zum Märtyrer seiner Anhänger geworden, Opfer eines jener Verbrechen die er als Folge der schwarzen Herrschaft in Südafrika jahrelang anklagte.
Die oft bis an die Zähne bewaffneten AWB-Mitglieder, die meist ihre Kinder schon in jungen Jahren zu Milizen erziehen und ihnen den Umgang mit Waffen beibringen, sollen Ruhe bewahren, befahl die Organisationsführung in ersten Statements. Zunächst gehe es um die Beisetzung Terre´Blanches, erst ab dem 01.Mai werde man entscheiden "welche Schritte wir unternehmen um Mr.Terre´Blanches Tod zu rächen", so AWB Generalsekretär André Visagie. Den Fußballfans aus aller Welt sagte Visagie sie sollten lieber zu Hause bleiben, denn seine Anhängerschaft wurde auf jeden Fall "handeln".

Jacob Zuma, Südafrikas amtierender Präsident und Vorsitzender des ANC, sprach von einem "schrecklichen Tod" und mahnte zur Ruhe. Rassenunruhen könnten jetzt, nur wenige Wochen vor Beginn der Fußball-WM am Kap, wirtschaftliche, politische wie soziale Katatrophen auslösen.
Verfechter des weißen Nationalismus sehen den Mord an Terre´Blanche im Zusammenhang mit einer aktuellen Diskussion in Südafrika über einen umstrittenes Lied, das jüngst der Führer der "African National Congress Youth League", Julius Malema, sang. "Kill the Boers" (Boers ist Afrikaans für "Farmer"), heißt es in einer Strophe des Songs, den ein südafrikanisches Gericht vor kurzem verboten hatte.

Malema, bekannt als Aufstachler, Verehrer von Zimbabwes Dikator Robert Mugabe und kritisiert als "schwarzer Rassist", hatte das kontroverse Lied angestimmt und als nationales Kulturgut der schwarzen Widerstandsbewegung bezeichnet. Ein Aufruf zum Mord oder zum Rassenhass sei darin nicht enthalten.

Mit Terre´Blanche starb die wohl lauteste Stimme des weißen Rassismus in Afrikas modernster Nation, 16 Jahre nach Ende des Apartheid-Regimes. Sein Tod ist gleichzeitig das Ende einer Ära der ewig Gestrigen wie der Beweis für all jene Probleme, die in Südafrika totgeschwiegen, ignoriert oder naiv wegdiskutiert werden und die der AWB weiterhin eine Anhängerschaft beschert.

Zwischen Kapstadt und Johannesburg schlagen beinahe ungehindert die Welle der Gewalt und Kriminalität, fordern Opfer auf schwarzer wie auf weißer Seite. Der seit 1994 propagierte und im Ausland so gern gefeierte Brudertanz der "Rainbow-Nation", hat sich als Farce erwiesen und droht in einem Kollaps des einst weitentwickelsten Staates Afrikas zu enden.
Südafrikas Rechtsextreme drohten heute schon mit Rache für den Mord am Buren-Führer und sprechen von einer "Kriegserklärung".

"Wenn wir unsere Grenzen nicht selbst ziehen", so warnte Terre´Blanche vor Jahren, "wird die Geschichte sie für uns ziehen."

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