Wednesday, December 2, 2009

Obama in der sowjetischen Fallen


Mit der Ankündigung der Entsendung von 30,000 weiteren Soldaten nach Afghanistan, erklärte Präsident Obama den "Afghan Surge" für eröffnet. Auf über 100,000 Mann will er die US-Präsenz am Hindukusch aufstocken, dazu rechnet der NATO-Generalsekretär Anders Rasmussen mit 5,000 weiteren Soldaten der NATO-Partner-Staaten.
Damit erreicht die Truppenstärke der amerikanisch-geführten Anti-Terror-Allianz in Afghanistan beinahe sowjetisches Niveau. Trotz immer neuer Soldaten-, Panzer- und Hubschrauber-Sendungen musste die Rote Armee in den 1980er Jahren feststellen, dass "mehr Soldaten" im Ernstfall auch "mehr Ziele" und "mehr Tote" bedeuten kann.



Eine schlechte Strategie wird durch die Aufstockung nach Obamas Willen zu keiner besseren. Am Hindukusch kann keine fremde BEsatzungsmacht siegen, sei sie noch so motiviert und gut gerüstet. Terrain, kulturelle und geopolitische Gegebenheiten bilden eine Aufgabe, der man innerhalb des NATO-Bündnisses auch im neuen Jahrtausend nicht gewachsen ist.
Die Taliban kündigten bereits an, dass Obamas Verstärkung der US-Präsenz nur weitere Opfer auf Amerikas Seite bedeutet.

Der Guerilla-Krieg nutzt gezielt jede Schwäche des Gegners, und trifft ihn mit Nadelstichen an empfindlichen Stellen. Diese Schwächen, teilweise technisch, teilweise naturgegeben, durch eine höhere Zahl an Soldaten ausgleichen zu wollen ist paradox. Obama widerspricht sich selbst. Vor Wochen noch war die Rede davon es gehe ausschließlich um al-Qaida, um die Mörder von 3000 Amerikanern, und mit den "guten Taliban" könne man letztendlich Politik machen. Inzwischen kommen aus Washington wieder die Warnungen, die Taliban würden das Land nach einem überstürzten Rückzug der NATO übernehmen, und auf sie folge unweigerlich Bin Ladens Terrortruppe.



Bereits 2011 so ließ der amerikanische Präsident durchblicken, möchte er einen geordneten Rückzug aus Afghanistan starten. Seiner Wortwahl war dabei schon jetzt zu entnehmen: ein zweites Vietnam wird es nicht geben.
Dennoch sind die Fakten der blutigen Realität gegeben, und ändern sich nicht revolutionär durch das Umblättern des Kalenders. Taliban, al-Qaida und all jene die ihren Kampf gegen die westlichen Besatzer als gottbefohlene Pflicht sehen und in Afghanistan eine Endschlacht zwischen Gut und Böse heraufbeschwören wollen, warten auf den Tag, der unweigerlich kommen wird.

Jahrzehnte des Krieges haben das Land am Hindukusch zurück in die Zeit der Stammeshierachien, der Riten, Traditionen und Dorf-Gesetze geworfe. Eine Zentralregierung genießt nicht nur aufgrund der korrupten Führer-Figur Karzai keinerlei Vertrauen mehr, sondern durch die permanente Einwirkung der Kräfte von außen.

Eine afghanisch gewachsene Demokratie bleibt Utopie, ist von außen nicht zu erzwingen und wahrscheinlich auch gar nicht notwendig. Wenn westliche Medien die Taliban als menschenverachtende Islamisten-Horde darstellen, so bleibt doch nicht von der Hand zu weisen dass es sich um afghanische Paschtunen handelt, um Einheimische, um Dorfbewohner, Bauern usw. Ihre Anwesenheit ist daher schon nicht mit der generellen Ablehnung ausländischer Invasoren verbunden.
An die demokratische Kette legen lassen sich die Koranschüler deshalb noch lange nicht. Ein Afghanistan aber ohne die inzwischen festverankerte Kultur der Mujaheddin und der Männer mit dem schwarzen Turban, ist schlichtweg unmöglich.

Ähnlich wie einst die amerikanischen Kolonien sich von der britischen Krone lossagten, Frankreich seine Monarchie mit dem Fallbeil beendete und Diktatoren von Rumänien bis Portugal gestürzt wurden, so wird auch das afghanische Volk seinen Weg finden. Dieser wird anders aussehen als die Wunschvorstellung Washingtons, aber er wird nicht hunderten oder gar tausenden weiteren jungen amerikanischen, britischen, französischen und deutschen Männern und Frauen das Leben kosten, die am Hindukusch die Werte der europäischen Aufklärung oder der amerikanischen Revolution verteidigen sollen.

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