Thursday, December 24, 2009

Jemens Kampf gegen die Hydra


Unzählige Namen werden in den Raum geworfen, anonyme Quellen nennen Fakten und Halbwahrheiten, ein Bild wird gemalt, das den Eindruck erweckt, als wäre der Jemen im Endsieg gegen das Virus des militanten Islamismus nicht nur einen Schritt sondern ganze Sprünge vorangekommen. al-Qaida steht in der Defensive, die Houthi-Rebellen kämpft an zwei Fronten, Washington reicht nicht mehr nur den kleinen Finger sondern die ganze Hand und vielleicht mehr als Sanaa je erwarten konnte. Jemen ist die neue Front im Kampf, nicht nur gegen den internationalen Dschihadismus, sondern auch gegen die Ausbreitung eines schiitischen Imperialismus, gefördert und gesteuert von Teheran.

Eine Allianz zwischen der jemenitischen Regierung und der US-Administration dürfte massgeblich dazu beigetragen haben, dass seit einer Woche die Meldungen über Luftangriffe und den Tod von ranghohen al-Qaida Anführern nicht abreisen.
Das Armenhaus an der Südspitze der Arabischen Halbinsel ist längst ins Blickfeld der geopolitischen Strategie Washingtons geraten. Gründe dafür finden sich genug, sie zu ordnen und nach Relevanz zu kategorisieren dagegen ist schwierig.

Die Zentralregierung von Präsident Ali Abdallah Salih kämpft seit Jahren an multiplen Fronten einen Kampf, in dem der Gegner viele Gesichter und Motive ausweist.
Innenpolitisch sicherklich am schwierigsten zu bewältigen ist die Rebellion der zaiditischen Houthi-Stämme im Nord-Jemen. Deren Kampf für Autonomie hat mittlerweile das Grenzland zu Saudi-Arabien erreicht, und kostet auf beiden Seiten Opfer in nie gekanntem Ausmass.
Saudi-Arabiens Militär hält inzwischen nicht mehr still sondern hat eine eigene Offensive gestartet, die den Houthis Einhalt gebieten soll. Nicht nur von deren Unabhängigkeitsbestrebungen sondern auch vom Drogenhandlung der schiitischen Rebellen, fühlt sich das wahhabitische Königreich provoziert.

Dahinter steckt mehr als nur die Tatsache dass die Houthis die Grenze zu Saudi-Arabien nicht wahrnehmen, respektieren oder akzeptieren. Es geht um die Hintermänner, die Drahtzieher des schiitischen Aufstandes. Die sitzen - so behaupten Riad und Sanaa felsenfest - nicht in den Bergen der nordjemenitischen Provinz Saada, sondern im fernen Teheran.
Schrittweise, klammheimlich und über undurchsichtige Pfade, so die Anschuldigungen, rüste Ahmadinedschad die Houthis zu einer Art "südarabischen Hisbollah" auf. Die schiitische Sekte der Zaiditen soll mit finanzieller und materieller Unterstützung des iranischen Mullah-Regimes einen Brückenkopf des schiitischen Imperialismus in der Region errichten. Iran, davon sind die Gegner der Houthis überzeugt, will an der Südgrenze des fundamentalistisch-sunnitischen Kontrahenten Saudi-Arabien, eine Art Fremdenlegion etablieren.
Als Beweise führen die jemenitischen Truppen nach den Gefechten mit den Rebellen, Waffen, Munition und Gerätschaften vor, die eindeutig "Made in Iran" seien.

Für das jemenitische Regime stellen die Houthis einen Faktor von fremdgesteuerter Destabilisierung dar. Abnutzungskriege und immer wieder erfolglos beendete Offensiven mit Panzerkolonnen und Luftangriffen waren bislang die Reaktion auf Entführungen und Anschläge der Houthis.
Inzwischen aber kommt Schützenhilfe aus Saudi-Arabien. Die Saud-Dynastie hat Soldaten an die Grenze zum Jemen entsandt und kämpft seit Monaten erbittert gegen ein Erstarken der schiitischen Aufständischen. 73 saudische Soldaten, so hiess es jüngst, seien bereits seit Beginn der saudischen Militäroperationen im November im Kampf gegen die Houthis gefallen, 23 weitere würden vermisst und seien vermutlich verschleppt. Bis zu 470 Soldaten hätten Verletzungen erlitten.

Was diese Bilanz zeigt ist vor allem eines: das Chaos im Jemen ist Saudi-Arabien viel Wert, ein Zurückdrängen des iranischen Einflusses absolute Priorität, die auch mit Einsätzen der Luftwaffe über die Grenze hinaus, durchgesetzt wird.

Washington hat längst vom Stellvertreterkrieg im Jemen Kenntnis genommen. Man hat der jemenitischen Regierung Unterstützung im Konflikt mit den Houthis versprochen, warnt aber gleichzeitig vor einer anderen Gefahr: al Qaida.
Die militanten Islamisten wurden vom Regime in Sanaa lange ignoriert, sogar toleriert und gefördert. Insgeheim hoffte man die salafistischen Fanatiker in einen religiösmotivierten Kampf mit den schiitischen "Ketzern" der Houthi-Klans verwickeln zu können. Al-Qaida sollte an der Seite jemenitischer Truppen eingesetzt werden um die Houthis zu vernichten, ganz nach dem Motto: Der Feind meines Feindes, ist mein Freund.

Wie wenig aussichtsreich dieses Unterfangen letztendlich ist, zeigte sich als al-Qaida begann massiv ausländische Interessen im Jemen anzugreifen. Die Dschihadisten, die ungehindert in den Wüstengegenden des Landes Trainingslager errichteten und Horden von saudischen Terroristen, die ihre Heimat verlassen mussten, Zuflucht gewähren. Präsident Ali Abdallah Salih gelang es nicht die Extremisten an die Leine zu legen, der Virus gerät immer mehr ausser Kontrolle.
Von Seiten der USA muss eine Reaktion auf al Qaidas neuen "Safehaven" im Jemen kommen. Die Gefahr einen weiteren "failed-state", noch dazu mit Blick auf die saudischen Erdölfelder, in dem internationale Dschihadisten ausbildet und Anschläge geplant werden, ist einfach zu gross, als dass Washington den Jemen ignorieren könnte.

70 Millionen Dollar inklusive amerikanischer Militärausbilder, Drohnenüberwachung und logistischer Hilfe - so sieht Obamas Anti-Terror-Kampf im Jemen auf dem Papier aus. Praktisch besteht das Hilfspaket aus Cruise Missiles, Geheimdienstaufklärung und einer guten Portion Druck auf das Regime endlich mit aller Härte die Terrornester der Provinzen Abyan und Shabwa auszuräuchern.
So geschehen am vergangenen Donnerstag: Amerikanische Raketen schlugen in Ausbildungslagern der al Qaida in Abyan und nördlich von Sanaa ein, töteten 34 Islamisten und unzählige Zivilisten. Die Terror-Zeltstätte waren nur wenige Meter von den zivilen Dörfern entfernt, zudem wohnten dort nicht nur die Terrorrekruten sondern auch deren Familien, Frauen und Kinder.

Heute dann die Meldung: Jemens Luftwaffe habe in Shabwa Gebäude bombardiert. Bei einem getroffenen Haus soll es sich um den Wohnkomplex des amerikanisch-jemenitischen Predigers Anwar al Awlaki handeln. Der Imam, der montelang Emailkontakt zu Major Hasan Nidal hatte, bevor dieser im November auf der texanischen Militärbasis Fort Hood, 13 Soldaten erschoss, war vor Jahren in den Jemen geflohen und soll enge Kontakte zu den dschihadistischen Netzwerken haben.
Awlaki, so meldeten jemenitische Medien heute, soll unter den über 30 Toten des jüngsten Luftangriffs sein.
In seinem Haus habe ein Treffen der Dschihadisten stattgefunden, die beraten wollten, wie sie auf die US-Luftangriffe vom vergangenen Donnerstag reagieren sollten.

Mit Awlaki starb auch die Spitze der al-Qaida im Jemen (AQAP), Abu Nasir al Wuhayshi, ehemaliger Sekretär Bin Ladens und Chef der AQAP und dessen Vize Said Saudi al Shahrani, ein ehemaliger Guantanamo-Häftling, den die USA kurz nach dem 11.September in Afghanistan gefangen genommen hatte. Weitere Opfer des Luftangriffs sollen aus Ägypten, dem Iran und Tschetschenien stammen.

Noch hat sich der Staub des Luftangriffs von Shabwa nicht gelegt, die Zeichen aber verdichten sich dass den jemenitischen Sicherheitskräften ein harter Schlag gegen al Qaida gelungen ist. Der Kopf der jemenitischen al Qaida ist abgeschlagen, neue werden mit 100%iger Sicherheit nachwachsen. Zeit wurde alle Mal gewonnen, Zeit die eventuell Leben retten konnte.
Nicht nur Trainingsstätten und wichtige Führungspersonen wurden innerhalb einer Woche vernichtet, sondern auch Terrorpläne zerstört.

Angeblich hatten die Islamisten bereits Sprengstoffgürtel und Autobomben für einen Anschlag auf die britische Botschaft von Sanaa geplant, die Attentäter waren offenbar schon auserwählt. Letzte Woche, so gab es heute ein Sprecher des Innenministeriums bekannt, habe man den Anschlag vereitelt.

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