Thursday, March 26, 2009

Darfur - Eine Katastrophe? Ja, ABER... (I.Teil)

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Das Ende der Propaganda Teil I

Im ersten Teil dieser Serie möchte ich den Darfur-Konflikt beleuchten. Zuerst soll das Chaos des vielschichtigen Bürgerkrieges etwas klarer aufgezeigt werden. Die Fragen „Welche Parteien sind Teil des Konflikts“ und „Welche Positionen beziehen sie“ sollen als erste beantwortet werden. Danach werden Ursachen und Motivationen der Krise im West-Sudan genauer unter die Lupe genommen und internationale Vorurteile und Annahmen richtig gestellt.


Der Anblick der sich den ersten internationalen Beobachter, Gesandten von Human Rights Watch und Amnesty International im Jahr 2004 bot war schrecklich und schockierend.
Sie fanden verbrannte Dörfer, in der stechenden Sonne ausgetrocknete Leichen, Frauen, Kinder, Männer, sogar totes Vieh. Die Häuser der bitterarmen Bevölkerung in den Dörfern der Region Süd-Darfur waren zerstört, niedergebrannt, Hab und Gut vernichtet und gestohlen.
Internationale Menschenrechtsorganisationen waren noch vor der UN dem Ruf eines Völkermordes gefolgt, den Hilferufen tausender Menschen im südlichen Sudan die bedroht wurden von einem Genozid der sich zur vermeintlich schrecklichsten humanitären Katastrophe des neuen Jahrtausends entwickeln sollte – soweit zumindest die offizielle Darstellung der Situation Darfur.
Seit dieser Zeit dominiert der Konflikt die weltweite Berichterstattung aus dem Krisenkontinent Afrika. Kaum jemandem dem Darfur kein Begriff mehr ist. Diese Region von der anderthalbfachen Größe der Bundesrepublik Deutschland, spärlich besiedelt von knapp 5 Millionen Menschen, eine Steppe, Trockensavannah in der Wasser ein kostbares Gut und Öl zum schlimmsten Fluch geworden ist. In diesem an sich schon menschenfeindlichen, vor Jahren noch kaum zur Kenntnis genommenen Teil des Sudan soll sich ein Völkermord abspielen der auf ethnischen und religiösen Ursachen beruhen soll und für den sich weltweit Politiker aller Facetten, selbsternannte Weltenretter, Gutmenschen, Populisten und Hollywoodgrößen mit unfassbarer Energie engagieren. Sie alle verlangen ein Eingreifen der internationalen Gemeinschaft in das Morden und Massakrieren von friedlichen Schwarzafrikanern durch arabische Reiterhorden die von der islamistischen Diktatur rekrutiert, bewaffnet und in den Kampf geschickt wurden, dabei Unterstützung in Form menschenverachtender Flächenbombardements und Hubschrauberangriffe erhalten. Wie über Nacht sprießen „Save Darfur“, „Stop Genocide in Darfur“, „Darfur-Hilfe“ und ähnliche Vereine, Organisationen und Aktionen aus dem Boden, sammeln überall in den westlichen Staaten Spenden und üben Druck auf Politik und Wirtschaft aus. Um nicht wieder angesichts eines Völkermordes zu versagen arbeitet die UNO seit 2003 an einer Lösung des Konflikts die aber aufgrund der Komplexität und politischen Sensibilität natürlich zum Scheitern verurteilt ist.
Jüngstes Ergebnis der internationalen Rettungsaktion für Darfur ist der vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgesprochene internationale Haftbefehl für den Präsidenten des Sudan Omar Hassan al Bashir wegen Kriegsverbrechen in Darfur. Mit dieser Maßnahme verhängte das Gericht zum ersten Mal in der Geschichte eine solche Sanktion gegen einen amtierenden Staatschef. Von Washington bis Berlin scheint man sich einig zu sein: Darfur ist ein dringender Fall von Genozid, eine politisch und religiös motivierte ethnische Säuberung in kriegerischer Form, derzeit die größte humanitäre Katastrophe.
Was spielt sich tatsächlich in Darfur ab? Woher kommt das schwarzweiße Bild von Gut und Böse das diesen Konflikt zu dominieren scheint wie kaum einen anderen. Kritik an der Berichterstattung, an der internationalen Wahrnehmung wird geahndet wie eine Leugnung der Nazi-Verbrechen. Von dem was wir heute von den Medien und Einzelpersonen über Darfur zu hören bekommen spiegelt dabei immer seltener die Realität wieder, bezieht sich nicht mehr auf Fakten und überprüfbarer Wirklichkeit sondern ist zu einer emotional hochbrisanten Frage nach „Für uns oder gegen uns“ geworden. Wenn Rebellenführer im Weißen Haus die Hand des US-Präsidenten schütteln können, als Freiheitskämpfer und Vertreter einer bedrohten Volksgruppe auftreten, wenn George Clooney mit schauspielerischem Talent in regelmäßigem Abstand in den beliebtesten Talkshows der USA vom Massenmord in Darfur predigt und wenn die Europäische Union mit Blick auf den Konflikt aufgeschreckt erscheint als würde sich der Zweite Weltkrieg vor unseren Augen wiederholen, dann weicht die Realität mehr als deutlich einer Show, einer politisch motivierten Kampagne die zu einer perversen Farce zu werden droht.
Möchte man einen wirklichkeitsgetreuen Blick auf das erhalten was in Darfur passiert ist und gerade geschieht, dann sollte man alle Seiten des Konfliktes betrachten, die Fakten sichten und sich weniger auf diejenigen verlassen die eindeutig ökonomische und geopolitische Interessen an der Situation haben. Schritt für Schritt möchte ich erläutern was abseits von Gutmenschentum, humanitärer Propaganda und politischer Desinformation Realität in Darfur ist. Dabei soll keinesfalls der Eindruck entstehen dass die Zustände beschönigt, relativiert oder geleugnet werden. In Darfur sterben Menschen, zu zehntausenden vielleicht sogar hunderttausenden (die UN spricht in ihren Schätzungen von bis zu 400,000 Toten), die meisten davon schutzlose, hilflose und unschuldige Zivilisten. Eine humanitäre Katastrophe, ausgelöst durch Krieg und eine riesige Flüchtlingsbewegung (offiziellen Angaben zufolge 2,5 Millionen Vertriebene) bedroht nicht nur den Sudan sondern auch die angrenzenden Staaten. Mir geht es weniger darum Zahlen zu korrigieren, Tatbestände im Detail zu schildern, sondern Ursachen, Motivationen und Realitäten aufzuklären um damit ein grundlegend falsches, verhängnisvolles Zerrbild zurecht zu rücken.

1. Annahme:

In Darfur findet ein Völkermord in Form von politisch gesteuerter, religiös und kulturell motivierter ethnischer Säuberung statt. Das islamische Regime von Präsident Al Bashir organisiert einen gezielten Massenmord an der süd-sudanesischen Bevölkerung indem es ethnisch arabische Milizen, die von der sudanischen Luftwaffe und den regulären Streitkräften unterstützt werden, ausrüstet und gegen die schwarzafrikanische Bevölkerung in Darfur einsetzt.

Realität:

Beim Konflikt in der südwest-sudanesischen Provinz Darfur handelt es sich nicht um einen Vernichtungskampf einer Volksgruppe gegen eine andere, basierend auf religiösen oder kulturellen Differenzen. Alleine in den Provinzen West-, Nord- und Süd-Darfur finden sich 10 verschiedene Volksgruppen, mehrheitlich der sunnitischen Konfession des Islam zugehörig, bestehend aus sesshaften Bauern- und Rinderzüchtervölkern wie den namensgebenden Fur, den Masalit und nomandischen Stämmen wie den Zaghawa. Das Einflussgebiet dieser Ethnien kann nicht durch Staatsgrenzen aus Kolonialzeiten begrenzt werden, es ist teilweise länderübergreifend und daher keine auf den Sudan begrenzte Tatsache. Traditionell gibt es seit Jahrzehnten, wahrscheinlich Jahrhunderten Konflikte zwischen den verschiedenen Stämmen und Klans im südlichen Sudan. Waren die Ursachen für diese kriegerischen Auseinandersetzungen in der Vergangenheit hauptsächlich kulturell bedingt finden sich die Gründe heute viel mehr in der Überbevölkerung der Regionen, dem Wassermangel, den Dürren, der Nahrungsmittelknappheit und den politischen Ambitionen einiger Volksgruppen die nach Unabhängigkeit streben.
In der Krisenregion geht es also nicht wie in westlichen Medien dargestellt um einen Kampf zwischen Arabern und Afrikanern, zwischen Muslimen und heidnischen bis christlichen Stämmen der Dornensavannen. Islamisiert wurde der gesamte Sudan während des muslimischen Siegeszuges vor hunderten Jahren bereits. Bis auf wenige Differenzen in der praktischen Umsetzung des Glaubens handelt es sowohl bei den mordenden Milizen, der sudanesischen Armee, den Rebellen und Verbrechern als auch bei zivilen Opfern um sunnitische Muslime.
Ohne Zweifel stellt Darfur ein politisches und ethnisches Chaos dar in denen Kriminelle aktiv sind, politisch-motivierte Widerstandsgruppen, Terroristen, staatlich-unterstützte Milizen und lokale Privatarmeen. Zwei Drittel der Darfur-Sudanesen gehören der Volksgruppe der Fur an, sie seien Ziel der von Khartum aus gesteuerten Ausrottungsaktion. Auf Seiten der Fur und der Zaghawa kämpft die Sudan Liberation Army (SLA) seit 2001 gegen die Regierung von Omar al Bashir, für eine Autonomie der Region und größeren Einfluss der südsudanesischen Völker in der Politik und vor allem Wirtschaft des Landes. Die SLA verübte 2003 mehrere Anschläge auf Regierungssoldaten, zerstörte Armeematerial und eroberte letztendlich sogar die strategisch bedeutende Stadt El Fasher. Präsident Bashir entsandte daraufhin das Militär nach Darfur, verstärkte den Einsatz der Luftwaffe und begann mit der Rekrutierung einer Miliz die sich hauptsächlich aus arabisch geprägten Nomaden des Süd-Sudan zusammensetzt, die aus zwei Stämmen, den Baggara (Viehzüchter) und den Abbala (Kamelzüchtern) bestehen. Ihre Kämpfer werden von Khartum ausgerüstet, ausbildet und erhalten logistische und militärische Unterstützung. Teilweise finanziert das sudanesische Regime die Dschandschawid-Miliz mit Söldner-Löhnen, meist aber lässt man die berittenen Soldaten einfach plündern und rauben. Ziel des Milizeinsatzes soll die Niederschlagung der Rebellenbewegungen im Süden sein. Regulärer Armeeeinheiten hatten in der Vergangenheit häufig versagt, erwiesen sich als wenig motiviert und unfähig. Anders die arabischen Milizen; sie haben historisch geprägt eine starke Abneigung gegenüber den sesshaften, teils archaisch lebenden Völkern in Darfur, werden von ihnen als rassisch untergeordnet betrachtet. Getrieben werden die Dschandschawid allerdings nicht wie häufig beschrieben durch religiösen Fanatismus und das Dschihad-Pflichtgefühl sondern durch oft rein ökonomische Interessen, sie gehen mit schwerer Bewaffnung auf von der Regierung sanktionierte Raubzüge, begehen dabei Verbrechen an der Zivilbevölkerung die zur Auslöschung der Widerstandsorganisationen wie der SLA führen soll.
Zwischen all den lokalen, nationalen Befreiungsarmeen, Stammesmilizen, politisch und religiösen Extremisten spielen seit Jahren immer mehr die kriminellen Elemente in Darfur eine große Rolle. Räuberbanden, Waffen- und Menschenhändler treiben grenzüberschreitend zwischen dem Sudan und dem Tschad ihr Unwesen und werden zunehmend zur Belastung für die UN, sämtliche humanitären Organisationen und die Truppen der Afrikanischen Union (AU).

2. Annahme:

In Darfur bekriegen sich die sudanesische Regierung mit ihrer Dschandschawid-Miliz auf der einen, und die Freiheitsbewegung der SLA auf der anderen Seite.

Realität:

Im Folgenden möchte ich nur einen Teil der verschiedenen Kriegsparteien auflisten um einen kleinen Überblick zu geben welches ethnische, politische und soziale Chaos Darfur im Jahr 2009 darstellt. Ersichtlich soll dadurch in erster Linie werden dass es schon lange nicht mehr nur Täter und Opfer gibt, es ist kein Zwei-Parteien-Konflikt mehr sondern ein komplexer Bürgerkrieg dessen treibende Kräfte immer undurchschaubarer und noch weniger kontrollierbar werden:

Auf Seiten der sudanesischen Regierung:

Sudan People´s Armed Forces

– die regulären Streitkräfte des Sudan sind in mehrere Einheiten aufgeteilt seit Ende den 1990er Jahren in der Provinz Darfur und den angrenzenden südlichen Landesteilen mit mehreren zehntausend Mann stationiert. Teil der Armee ist die so genannte paramilitärische „Border Intelligence Guard“, eine Einheit von Grenzsoldaten die sich vor allem durch Korruption und Willkür auszeichnet, mit ein Grund dafür ist warum der Konflikt auf den Tschad übergreifen konnte. Zusätzlich stellte das Regime eine weitere Kampftruppe, rekrutiert aus örtlichen Sympathisanten, die „Popular Defense Forces“ auf, die ebenso wie die grenzkontrollierenden Paramilitärs reguläre Uniformen tragen
Unterstützung erhalten die sudanesischen Bodentruppen von der Luftwaffe Khartums die mit MI-24 HIND Kampfhubschraubern sowjetischer Bauart und veralteten Antonow-Bombern großflächige Angriffe gegen Rebellen und zivile Dörfer fliegt.

Dschandschawid

- der Name dieser Miliz-Allianz bedeutet übersetzt „Teufelsreiter“ und deutet auf die Grausamkeit und das Abschreckungspotential der Kämpfer hin. Die Dschandschawid entstanden in den späten 1980er, Anfang 1990er Jahren aus einem Zusammenschluss arabischsprechender Klans und Stämme aus dem Tschad und angrenzenden Darfur, die sich zu einer recht losen Partisanenbewegung zusammenschlossen. Anfänglich waren ihre Ziele beschränkt auf lokale Machtübernahme und Ausweitung ihres Einflussgebietes im südlichen Sudan. Von Seiten der Regierung ließ man die kriegerischen Nomaden gewähren.
Als zu Beginn des neuen Jahrtausends die Rebellenorganisationen in Nord- und West-Darfur den Konflikt mit der Regierung von Präsident al Bashir eskalieren ließen in dem sie Regierungstruppen angriffen, Dörfer und Städte besetzten, beschloss die sudanesische Führung die ethnischen Widersacher der süd-sudanesischen Volksgruppen, die Dschandschawid zu rekrutieren und gegen die Aufständischen einzusetzen. Khartum lieferte Waffen, Pick-Up-Trucks, Funkgeräte, GPS, schweres Kriegsgerät und stellte militärische Ausbilder. Daraufhin zogen die Reitermilizen in den Kampf gegen die aufständischen Rebellen der SLA und JEM in Darfur.
Wie viele Männer die Dschandschawid unter Waffen haben lässt sich kaum ermitteln, Beobachter gehen von etwa 7-8,000 Kämpfern aus, meist angeführt von lokalen Klanchefs und Sheikhs.

SLA-Free Will (SLA-FW)

- Hinter diesem Namen verbirgt sich eine aus dem Stamm der Birgit rekrutierte Gruppe die bis Ende 2006 von einem Kommandeur Musa befehligt wurde, der seit 2007 als Staatsminister in Khartum tätig und somit Alliierter von Präsident Bashir geworden ist. Sein Nachfolger Ahmed Saleh führt seitdem die regierungstreuen Kämpfer an der Seite der Dschandschawid in den Krieg östlich von Nyala gegen die Rebellen der SLA und die Zivilbevölkerung die unter ihren Raubzügen leiden muss.

Auf Seiten der darfurischen Rebellen:

Sudan Liberation Army (SLA)

- Im Februar 2003 als Darfur Liberation Front (DLF) gegründet wandelte die größte Rebellengruppe des südlichen Sudan nur einen Monat später ihren Namen in „Sudan Liberation Army“ um, machte damit deutlich dass ihre Agenda nicht auf eine einzelne Region des Landes beschränkt sein sollte. Gründer der Bewegung ist der inzwischen in Paris lebende Abdel Wahid Mohammed a Nur, ein heute zum politischen Establishment gehörender Freiheitskämpfer im Nadelstreifenanzug der die Unterstützung Washingtons und Brüssels genießt.
Die SLA forderte zu Beginn ihres politischen und militärischen Kampfes die Unabhängigkeit der Provinz Darfur, von diesem utopischen Ziel rücken die Rebellen mittlerweile ab und verlangen lediglich politische Autonomie sowie Beteiligung an den Einnahmen aus der Rohstoffgewinnung ihrer Region. Um ihr Ziel zu erreichen beschränkt sich die SLA nicht mehr nur auf den politischen Kampf (sie ist Mitglied der „National Democratic Alliance“, einer oppositionellen Dachorganisation im Sudan die einen Regimewechsel in Khartum verlangt), sondern verübt seit 2003 militärische Aktionen in Darfur und umliegenden Provinzen. Durch ihren Angriff am 26.Februar 2003 auf die Stadt Gulu, und vorangegangene Übergriffe auf Polizeistationen und Militäreinrichtungen, löste die SLA nach offizieller Analyse den Darfur-Konflikt aus. Seither befinden sich die Partisanen im Krieg mit der sudanesischen Regierung und deren Dschandschawid-Milizen.
Bei den SLA Anhängern handelt es sich größtenteils um Mitglieder der Zaghawa und Fur-Volksstämme, beides sesshafte Darfur-Völker muslimischen Glaubens.
Wieder und wieder betonen die Führer der SLA ihre Bewegung sei eine nationale, patriotische Freiheitsbewegung die gegen einen übermächtigen, „islamo-faschistischen“ Feind in Form der Bashir-Regierung kämpfe. Ihr gehe es um die Einhaltung von Menschenrechten, um die Rechte der darfurischen Völker und wirtschaftlichen Aufschwung für die Region die bis jetzt vom Geldsegen durch Öl und andere Rohstoffe aus der Provinz ausgegrenzt worden war.
Realistisch gesehen bildet die SLA zwar eine südsudanesische Oppostionsbewegung, Hilfe erhält sie aber von höchster Stelle, aus den USA und Europa. Nicht nur finanzielle, auch materiell, politisch und moralisch werden die Rebellen in ihrem Kampf gegen die Regierung unterstützt.

Justice And Equality Movement (JEM)

- Diese islamisch-motivierte Rebellengruppe existiert seit 1994 und kämpft laut eigener Darstellung für eine gerechtere Verteilung des Reichtums und Umsetzung einer wahrhaftigen, gerechten Sharia-Auslegung. Offizieller Führer der vom Zaghawa-Volk dominierten Organisation ist Dr.Khalil Ibrahim, der u.a. in den Niederlanden ein Studium der Gesundheitswissenschaften absolvierte, oft aber wird die Gruppe mit dem inhaftierten sudanesischen Islamistenführer Hassan al Turabi, einem ehemaligen Weggefährten und Mentor Osama Bin Ladens, in Verbindung gebracht. Sudan Regierung sieht in der JEM eine aus dem Ausland gesteuerte Terrororganisation deren Ziel vor allem die ökonomischen Bereiche im Süden sind. Dort griffen JEM Kämpfer in den vergangenen Jahren neben regulären Truppen und Paramilitärs immer häufiger Öl-Felder und dort aktive Konzerne und Firmen an.
Erst im Führjahr 2008 attackierten Einheiten der JEM die Hauptstadt Khartum, konnten aber durch die Armee zurückgeschlagen werden. Bestärkt durch diese Aktionen und Allianzen mit anderen Rebellen in Darfur kämpfen die frommen Muslime der JEM weiterhin für einen Sturz Omar al Bashirs.

Group 19/SLA Northern Command

- ist nur eine von mehreren Splittergruppen der Sudan Liberation Army, die große Unterstützung aus dem Tschad unterhält und in Opposition zu den beiden Führern der SLA, Abdel Wahid und Minnawi steht. Sie gilt unter allen Rebelleneinheiten die zur SLA zählen als die schlagkräftigste Gruppe.

SLA-Unity

- Ende 2006 entstand dieser Verband aus drei SLA-zugehörigen Partisanenbewegungen, die seitdem Hauptverhandlungspartner im Darfur-Konflikt auf Rebellenseite sind, und Pakte mit anderen Widerstandsgruppen formte.

United Resistance Front

- In Folge der Abspaltung dutzender kleiner Einheiten von SLA und JEM aus unterschiedlichsten Gründen, entschlossen sich deren Kommandeure 2006 zu einer Allianz zusammengeschlossen die hauptsächlich aus dem Tschad heraus operiert, sich dort hin zurückzieht und sich finanziell durch Schmuggel, Raubzüge und Erpressung über Wasser hält.

National Movement for Reform and Development (NMRD)

- Ein Teil ihrer Kämpfer (etwa 500 Mann) trennte sich im Juni 2004 von der JEM und kämpft seitdem für die Interessen des Regimes im Tschad in der Region Darfur gegen Regierungseinheiten.

Zu den aufgelisteten Organisationen, Bewegungen und Gruppierungen gesellen sich noch mindestens sieben weitere, kleinere, unbedeutendere sowie eine unzählige Reihe von Allianzen und Kampfbünden.
Wer also glaubt in Darfur könne die internationale Gemeinschaft der Lage Herr werden in dem eine Seite zum Feind auserkoren und mit Sanktionen, Embargos, Haftbefehlen, politischem Druck und militärischem Einsatz bekämpft würde, muss reichlich naiv sein. In einem derart komplizierten, facettenreichen afrikanischen Bürgerkrieg Freund und Feind auszumachen wird zunehmend unmöglich. Nicht nur die lokalen Volksgruppen möchten ihre Interessen und Ziele durchsetzen, inzwischen fast nur noch durch Gewalt, sondern auch Anrainerstaaten wie der Tschad haben eigene Vorstellungen davon wie die Situation in Darfur verlaufen soll. Die gesamte Region ist zu einem Tummelplatz der Geheimdienste, Stellvertreter-Milizen, Paramilitärs, Verbrecher und Terroristen geworden. Dass es möglich sein soll einzig und allein in der Person Omar Hassan al Bashir den Übeltäter auszumachen kann man nicht ernsthaft glauben.
Als wäre das politische und ethnische Chaos im südwestlichen Sudan nicht komplex genug, schickte die UN durch ihre Resolution 1556 noch eine internationale Truppe in den angrenzenden Tschad. Truppen der afrikanischen Union, Mitglieder der europäischen Streitkräfte, darunter auch deutsche Soldaten, stellen seit 2004 im AMIS (African Mission in Sudan) über 6000 Mann zur Verfügung um die Flüchtlingskatastrophe die längst den Tschad erreicht hat, unter Kontrolle zu bringen, die Zivilbevölkerung vor Angriffen der Dschandschawid zu schützen soll und dem Genozid ein Ende zu bereiten.
Völlig übersehen wird dabei anscheinend dass ein großer Teil der ermordeten Zivilbevölkerung Opfer eines multiethnischen Bürgerkrieges ist und nicht systematisch durch eine regierungsgestützte Ausrottungskampagne zu Tode gekommen sind. Vor wem die Menschen in Darfur alles beschützt werden müssen ist für die UN-Einheiten kaum zu überblicken, denn das Morden und Vergewaltigen endet, wie man feststellen musste, nicht außerhalb der Reichweite der sudanesischen Regierung sondern vollzieht sich in den Flüchtlingslagern und Grenzgebieten zum Sudan genauso wie in Darfur selbst.

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