Tuesday, February 3, 2009

EDIT zu: "Die Panzer rollen wieder":




In einem gewaltigen Feuerball starb vor einer Woche ein israelischer Soldat als eine am Straßenrand versteckte Bombe neben seinem Jeep explodierte. Es war der erste getötete Israeli nach dem Gazakrieg und dem kompletten Abzug der IDF aus dem palästinensischen Territorium Gaza.

Wie zu erwarten folgte die Vergeltung durch das israelische Militär prompt und heftig, eine Strafaktion für die aus Gaza kommende Provokation und anhaltende Aggression von Seiten der palästinensischen Militanten. Erste Stimmen machten Hamas verantwortlich für den hinterhältigen Anschlag am Grenzzaun zum Gazastreifen, von Seiten der Organisation allerdings kam keine Stellungnahme, kein Hinweis auf die Täterschaft.

Vorgestern nun tauchte im Internet ein Video auf welches gleichzeitig als Bekennerbotschaft gewertet werden kann. Produziert wurde das Video nicht von der Medienabteilung der Hamas sondern von der „Tawhid wal Jihad“-Gruppe, einer wenig bekannten islamistischen Organisation die seit wenigen Jahren im Gazastreifen aktiv ist und durch einige Aktionen in jüngster Zeit auch den israelischen Geheimdiensten ins Auge fiel. Nur wenige Informationen sind bekannt über die „Tawhid wal Jihad Brigaden“ die oftmals als Teil der „Jaish al Islam“ (Armee des Islam) bezeichnet werden und eine kleine Terrorgruppe darstellt deren Mitglieder hauptsächlich dem Dughmush-Klan angehören, einer im Tzabra-Stadtviertel von Gaza angesiedelten Großfamilie die seit Generationen eine salafistische Ideologie vertritt und von israelischen Beobachtern als „Al Qaida nahe stehende Islamisten“ eingestuft werden.

Das Video zeigt die „Zerstörung eines zionistischen Jeeps“ mit einer Roadside-Bomb in mittlerer Bildqualität. Deutlich wird durch diesen Videobeweis dass neben Hamas mittlerweile auch andere islamistisch-motivierte Gruppen im Gazastreifen Fuß gefasst haben und terroristisch aktiv sind. Wer glaubte Hamas regiere quasi diktatorisch und mit einer Allmacht die den Gazastreifen seit Machtergreifung der Radikalen in „Hamastan“ verwandelt hat, irrte. Neben einzelnen Fatah-Fraktionen deren Leben durch die Sicherheitsorgane und Geheimdienste der Hamas erheblich erschwert wurde, verzeichnet die Jaish al Islam einen Mitgliederzuwachs der auf eine Unzufriedenheit mit der Hamas-Regierung zurückzuführen ist. Es muss sich hierbei allerdings nicht unbedingt um rationales, politisches Fehlverhalten und Versagen der Hamas handeln dass junge Palästinenser in die Arme der anderen Islamisten treibt sondern bei einigen spielt sicher auch die mangelnde salafistische Ideologie und fehlende talibanartige Umsetzung der Sharia-Gesetze in Gaza eine wichtige Rolle. Hamas erscheint jenen Personen als zu „wenig islamisch“ und vor allem zu iran(=Schiiten)freundlich. Als wahrhaftige Dschihad-Kämpfer präsentieren sich dann die Jaish al Islam Anhänger, die dem Hardcore-Salafistenkreis angehören und die puristisch radikalste islamistische Ideologie propagieren, damit die Interessen und Befehle Al Qaidas in Gaza verfolgen und umsetzen.

Enge ideologische Verwandtschaft mit Al Qaida, behaupten einzelne Terrorexperten in Israel, andere wiederum sind sich sicher die Jaish al Islam ist nichts anderes als der palästinensische Ableger der Al Qaida.

Wie so oft dürfte die Wahrheit in der Mitte liege. Jaish al Islam ist ideologisch nicht von Al Qaida zu unterscheiden. So gesehen kann man sie als Teil der mittlerweile sehr losen, trotzdem noch vernetzten Organisation Al Qaida sehen, von der inzwischen regionale Ableger im Irak, Pakistan, Algerien, Saudi-Arabien/Jemen, Indonesien, Kaukasus, Somalia, Ägypten und Libanon/Syrien/Jordanien existieren. In den von Israel abgeschirmten und militärisch, geheimdienstlich und oft auch physisch kontrollierten Palästinensergebieten war es Bin Laden & Co nie gelungen Dschihadis einzuschleusen und dort Netzwerke und Zellen aufzubauen um den verhassten Hauptfeind, die „zionistischen Besatzer Jerusalems“, zu bekämpfen. Hat sich diese Situation jetzt geändert? Al Qaida hat versucht Gaza und das Westjordanland zu infiltrieren, einigen Personen scheint dies in den vergangenen vier bis fünf Jahren gelungen zu sein. Mit Hilfe lokaler Gruppen oder auch nur Familienklans, auf denen Hamas, Islamischer Dschihad, PRC und Al Aqsa Brigaden in Gaza weitestgehend aufgebaut und auf deren Unterstützung sie angewiesen sind, gelang es Al Qaida Ideologen im Gazastreifen eine Basis aufzubauen die seitdem wuchs. Mehrheitlich ehemalige militante Palästinenser aus den Reihen der bekannten Widerstandsgruppen schlossen sich der Jaish al Islam an, aber eben auch die frustrierten, enttäuschten, orthodoxen Salafisten, die unterstützt von Geldern aus den wahhabitischen Golfstaaten ein Bollwerk gegen die iranisch finanzierte „Marionette“ Hamas bilden sollen. Diese Islamisten formten eine Gruppe die sich in der Vergangenheit selbst als „Al Qaida fil Filastin“ (Al Qaida in Palästina) bezeichnete und daher von israelischer Seite als Beweis genutzt wurde dass unter der Hamas-Herrschaft in Gaza die internationalen Terroristen Osama Bin Ladens Fuß in den palästinensischen Autonomiegebieten gefasst hätten.

Mehrere Mitglieder der Jaish al Islam, fast alle Angehörige der Dughmash-Familie, wurden im Zuge des Gazakrieges von der israelischen Armee getötet. Im Gegensatz zu den „persischgesteuerten“ Kriegern der Hamas wurden die toten Jaish al Islam Kämpfer in den salafistischen Internetforen der Al Qaida Fans als „Märtyrer“ und „wahre Dschihadis von Gaza“ gefeiert. Hier wird deutlich wie sehr sich die Szene der Islamisten radikalisiert hat im Laufe der letzten Jahre. Gegenseitiges anstacheln im Wettlauf wer der Radikalste unter den Radikalen ist hat dazu geführt dass die im Westen als „islamofaschistische mörderische Terrorgruppe“ bezeichnete Hamas unter vielen orthodoxfrommen Muslimen der sunnitischen Konfession als zu schwache, wenig religiöse Gruppe angesehen wird, die vom wahren Weg des Dschihad und vom korrekten Islam abgekommen und zum Freund der „Rafidha“ (Schiiten = Iraner) und der Christen geworden ist. Für solche Hardliner unter den Salafisten stellen die Jaish al Islam Mujaheddin die authentisch, dschihadistische Alternative dar. Ihr Ziel ist die Befreiung Palästinas von israelischer Herrschaft, die Einführung der Sharia mit talibanähnlicher Auslegung des Koran und der Sunnah, Zwangskonvertierung, Vertreibung oder Ermordung Andersgläubiger.

In jedem Fall sollte man sich den Namen dieser Gruppe für zukünftige Ereignisse im Laufe des Nahostkonflikts merken, ihr terroristisches Potential sollte, gerade im Zusammenhang mit dem derzeit hinter den Kulissen stattfindenden Kampf zwischen radikalen Sunniten und Schiiten in der Region nicht unterschätzt werden.

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