Wednesday, February 17, 2010
Ein Oscar für den Mossad - Mord vor laufenden Kameras
Für Meir Dagan dürften es schwierige Tage und Wochen werden, die ihm bevorstehen. Israel´s Geheimdienstchef ist heute bestimmendes Thema der israelischen Feuilletons. So scharf wie nie zuvor üben die Kommentatoren Kritik am Kopf des Mossad. Die gezielte Tötung eines Hamas-Funktionärs in einem 5-Sterne Hotel in Dubai droht trotz Erfolg der Mission zu einem Fiasko für den einst als besten Geheimdienst der Welt geltenden Mossad.
Alles in allem dürften die israelischen Agenten am 20.Januar frohlockt haben. Mahmoud al-Mabhouh, der in einem Videobekenntnis erst vor wenigen Wochen bestätigte im Jahr 1989 zwei israelische Soldaten entführt und hingerichtet zu haben, war ein Waffenhändler im Dienste der Hamas, Hisbollah und des Iran. Von Dubai aus soll der Palästinenser, der seine Heimat das letzte Mal vor 20 Jahren gesehen hatte, geplant haben in den Sudan und nach China weiter zu reisen. Er war der Mitbegründer des militärischen Hamas-Flügels der Qassam-Brigaden und hatte definitiv Blut an den Händen.
Dennoch verwundert es, dass der Mossad ein bis zu 17köpfiges Killer-Kommando in ein arabisches Emirat entsandt haben soll um späte Rache an einem Staatsfeind zu üben der noch dazu ohne Leibwächter reiste.
Kaum jemand dürfte ernsthaft daran zweifeln dass Mahbouh Opfer einer Mossad-Operation wurde. Die Verweise darauf er habe in Kreisen von skrupellosen Waffenhändlern verkehrt und könnte Opfer eines geplatzten Deals sein, klingen geradezu lächerlich. Viel zu hoch war der Aufwand den Hamas-Mann ins Jenseits zu befördern.
Dubai´s Polizei fahndet inzwischen nach sechs weiteren Verdächtigen, die am Mord beteiligt gewesen sein sollen. Ein Pärchen beispielsweise soll als Gast in der Eingangshalle des Hotels Observation der Zielperson betrieben haben. Die Frau trug einen großen Sonnenhut und eine Sonnenbrille.
In Israel haben sich mittlerweile sechs Männer gemeldet, deren Identitäten von den Killern verwendet wurden. Die britischen, irischen, französischen und deutschen Pässe waren allesamt gefälscht, oftmals waren die Daten und Namen korrekt, die Unterschriften und Passbilder unterschieden sich.
Laut der Ermittler verwendeten die Mörder die gleichen Reisepässe auf Reisen in Südostasien und Europa bevor sie in unterschiedlichen Flugzeugen nach Dubai einreisten.
Nur 19 Stunden dauerte die gesamte Aktion, dann lag Mahmoud al-Mabhouh tot in seinem Hotelzimmer und die verdächtigen Europäer hatten das Golfemirat wieder verlassen. Einer von ihnen, der angebliche Franzose Elvinger flog noch vor der Ermordung al-Mabhouhs über Qatar nach München.
Einiges verwundert am Morfall Mahbouh. Zweifelsohne war die Aktion ein Erfolg, die Zielperson wurde ausgeschaltet, seine Mörder entkamen. Still und leise verlief die Tötung, nicht aber ihr Nachhall. Dem Mossad war ohne jeden Zweifel klar, dass Dubai mit Überwachungskameras verseucht ist. Jeder Winkel des winzigen Stadtstaates wird gefilmt und beobachtet, die Luxushotels verfügen über modernste Überwachungstechnik. Nur so gelang es den Ermittlern minutiös den Mord an Mabhouh zu rekonstruieren.
Von den Killern wird man sicher nichts mehr hören. Ihre Identitäten werden unerkannt bleiben, geschützt vom israelischen Staat. Weder in Deutschland, noch in Frankreich oder Irland werden sich die entsprechenden Personen finden lassen. Fingerabdrücke hat die Polizei längst ermittelt, doch auch diese sind im neuen Jahrtausend so schnell austauschbar wie Kontaktlinsen.
Warum ging der Mossad das Risiko ein vor dutzenden laufenden Kameras einen politischen Mord zu begehen? Entweder die Agenten waren unvorsichtig, schlecht vorbereitet und stümperhaft - eigentlich undenkbar aber nicht unmöglich.
In Jordanien klickten in den 1990er Jahren am Flughafen von Amman die Handschellen bei zwei Mossad-Killern, als diese versuchten nach einem Attentat auf Hamas-Auslandschef Khalid Mashaal Jahren das Land zu verlassen. Bei sich trugen sie gefälschte kanadische Pässe. Auch in diesem Fall hatte der Mossad Identitäten echter Personen gestohlen. Damals konnte nur ein Einknicken Israels verhelfen die beiden Geheimdienstler frei zu bekommen.
Im Jahr 2004 versuchte der israelische Nachrichtendienst an neuseeländische Pässe zu kommen und flog dabei auf. Neuseeland brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab.
Noch während des Kalten Krieges ließen unvorsichtige Mossad-Agenten mehrere gefälschte britische Pässe in einer Bonner Telefonzelle zurück.
Wie andere Geheimdienste auch, dürfte der Mossad aus Fehlern lernen. Ein Mord vor den Dubaier Kameras lässt sich also nur mit einer neuen, offensiven Strategie erklären. Dass seit geraumer Zeit eine aggressivere Vorgehensweise der israelischen Geheimdienste zu beobachten ist, bestätigen inzwischen politische Beobachter im Nahen Osten.
Israel will seinen Feinden zeigen dass man vor nichts zurückschreckt um den Terrorismus zu bekämpfen. Sei es der Mord am Hisbollah-Militärchef Mughniyeh in der syrischen Hauptstadt oder die Tötung des Dschihad-Gründers Shikaki auf Malta, die Botschaft von Dubai scheint klar - der Mossad kann töten wo und wann immer er will.
Mahmoud al-Mabhouh musste sterben nicht nur weil er zwei israelische Soldaten auf dem Gewissen hatte oder für Hamas Waffen einkaufte. Enge Verbindungen zu Teheran und die Gefahr eines erstarkenden Netzwerkes zwischen Beirut, Teheran, Damaskus und Gaza ist die einzig plausible Erklärung weshalb 17 Männer und Frauen diplomatische Eiszeit zwischen europäischen Staaten, Dubai und Israel riskierten. Gerüchten zufolge soll Mabhouh den Konvoi organisiert haben, der im vergangenen Jahr eine Waffenlieferung vom Sudan aus, durch Ägypten nach Gaza bringen sollte. Die Lkws wurden in der sudanesischen Wüste von israelischen Kampfflugzeugen gleich zweimal bombardiert und die gesamte Landung vernichtet.
Die Feinde des jüdischen Staates dürften die recht unmissverständliche Botschaft wahrgenommen haben. Erst einmal aber frohlocken die Gegner Israels. Internationale Kritik lässt nicht lange auf sich warten, Kommentatoren warnen: "Mörder bleiben Mörder, egal ob Hamas oder Mossad".
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