Thursday, July 30, 2009

ETA bombt sich in den Geburtstag


Der 31.Juli 1959 markiert in der Geschichte Spanien ein entscheidendes Datum.
An jenem Tag vor fast genau 50 Jahren gründeten marxistisch orientierte Studenten der Universität Bilbao eine Gruppierung, deren erklärtes Ziel eine bewaffnete Revolution zur Befreiung des Baskenlandes von Francos Diktatur war.cVon dieser Gründung einer
ideologischen Untergrundbewegung als Splittergruppe der bereits vorhandenen aber als zu moderat eingestuften baskischen Nationalistenpartei, bis zum ersten Toten durch den Terror der "Euskadi Ta Askatasuna" dauerte es fast 10 Jahre. Erstmals im Juni 1968 übernahmen ETA Mitglieder die Täterschaft für den Mord einem Guard Civil Beamten. Seitdem sollen durch die Bomben und Kugeln der baskischen Extremisten über 800 Menschen ums Leben gekommen sein, darunter viele Polizisten, Soldaten, Richter, Offizielle der Regierung, baskische Regime-Sympathisanten und immer wieder Zivilisten.

ETA stieg durch die zumindest offiziell akzeptierte Entwaffnung der IRA, das Ende der RAF und der Roten Brigaden zur ältesten aktiven Terrorgruppe Europas auf. Für Spaniens Regierung ist sie ein Erzfeind, ein lästiges Überbleibsel der Geschichte das schon oft totgesagt aber anscheinend nicht tot zu kriegen ist.
Angeblich, so hieß es noch 2007, verfüge ETA nur noch über 80-100 Mitglieder und maximal 200-300 Unterstützer, die meisten in Nord-Spanien, aber auch in Frankreich und Belgien. Die meisten ihrer ideologischen und militärischen Anführer konnten spanische Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahren verhaften, etliche Bombenbastler wurden im Ausland geschnappt, die politische Führung der Organisation schien gezähmt.

Was ETA neben sämtlichen sicherheitspolitischen Aspekten den Todesstoß versetzt haben soll, war jedoch das Wegbrechen der zivilen Unterstützer. Man konnte sich nicht mehr auf eine Basis in der baskischen Bevölkerung stützen, der Ruf nach Unabhängigkeit und Freiheit erschien in einem geeinten, globalisierten Europa wie eine Farce und die Revolution eingeholt von der Historie selbst. Spätestens seit den Anschlägen auf die Madrider Pendlerzüge, verübt von Al Qaida Zellen, stellt sich Spanien geschlossen gegen den Terror und das Morden, egal in welcher Form, für welche Ziele und Ideen.

Dann kam der 29.Juli 2009. Gerade als die Sonne im nordspanischen Burgos aufging erschütterte eine gewaltige Explosion einen Wohnkomplex nahe einer Station der Guardia Civil. Eine Autobombe (200kg Sprengstoff) zerriss die Fassade eines mehrstöckigen Gebäudes, ließ Fensterscheiben noch in weiter Entfernung zerbersten. Bewohnt war das Ziel der Terroristen von Polizeibeamten und ihren Familien. Wie durch ein Wunder wurden nur 65 Menschen verletzt, die meisten davon durch Glassplitter.
Was schockierte an diesem Anschlag waren nicht so sehr die Bilder, die tatsächlich mehr dem Irak oder Afghanistan glichen als West-Europa, sondern vielmehr die Tatsache dass es keine Warnung gegeben hatte. Üblicherweise meldete sich ETA immer bis zu Stunden vor einem geplanten Attentat und nennt den Ort an dem die Bombe platziert ist. So sollen zivile Opfer minimiert werden, aber die mediale und psychologische Wirkung erhalten bleiben.
Diesmal gab es keine Warnung, keinen Anruf bei den üblichen baskischen Zeitungsredaktionen, Radio- oder Fernsehstationen. Die Bombe kam überraschend und sie kam um zu töten, wie der verantwortliche Polizeichef von Burgos mitteilte.

Nun vor wenigen Minuten die Meldung aus Mallorca. Westlich von Palma, in der Ortschaft Palmanova hat es eine Explosion vor einer Polizeistation gegeben, mindestens zwei Polizisten kamen dabei ums Leben, es soll Verletzte geben. Die Behörden entschieden die Baleareninsel abzuriegeln um den Bombenlegern, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit noch auf Mallorca aufhalten, eine Flucht nicht zu ermöglichen.

Der Terror kommt zurück nach Spanien, er kommt in einer nie dagewesenen Form und er ist wahrscheinlich noch nicht zu Ende. Geheimdienste in der Region hatten Informationen in den letzten Wochen erhalten: drei Mercedes-Vans seien von ETA zu Autobomben präpariert worden und auf dem Weg zu Anschlagszielen. Nun schlug ETA innerhalb von zwei Tagen zweimal zu. Wieder trifft es Sicherheitskräfte, diesmal weit entfernt vom Baskenland, auf der Touristeninsel Mallorca, ganz in der Nähe des Feriensitzes der spanischen Königsfamilie.

ETA will beweisen dass sie lebendig sind, dass die Anti-Terror-Maßnahmen der letzten Jahre nichts nützen um die Hardliner der Gruppe davon abzubringen weiter zu bomben. Einerseits will man Rache üben für die dutzenden Verhaftungen ranghoher Mitglieder, zuletzt in Süd-Frankreich, dann möchte man das 50.Jubiläum der Gruppe nicht verstreichen lassen ohne zu zeigen wie aktiv man trotz der Jahrzehnte des mühsamen Kampfes noch ist. Guardia Civil, Terrorermittler, die Regierung in Madrid, alle sollen als machtlose, hilflose Versagen dargestellt werden, die unfähig sind dem baskischen Terror ein Ende zu setzen.

Morgen erst feiert ETA Geburtstag, stimmen die Berichte über drei gefertigte Autobomben dann darf man auf das morgige Finale gespannt sein.

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