Sunday, November 22, 2009

Obamas geheimer Krieg ist illegal


US-Präsident Obama führt einen geheimen Krieg im Luftraum über Pakistan. Moderne Kampfdrohnen töten fast wöchentlich islamistische Terroristen und Zivilisten in ihren Rückzugsgebieten. Jetzt warnt die UN, die ferngesteuerten Mordanschläge könnten gegen internationales Recht verstoßen, und fordert Aufklärung. Ein Problem für die USA: es gab nie eine offizielle Abstimmung über diese CIA-Operationen.




Qaid Sinan al Harethi starb per Knopfdruck. Der Al Qaida Mann war am 03.November 2002 in der jemenitischen Wüste, östlich der Hauptstadt Sanaa, unterwegs. In seinem Geländewagen saßen außer ihm noch fünf Leibwächter, darunter ein gesuchter amerikanischer Islamist.
Seitdem die CIA al Harethi als Hintermann des Anschlages auf das US Kriegsschiff USS Cole im Hafen von Aden im Oktober 2000 identifiziert hatte, lebte der Jemenit versteckt im Untergrund. Er zog sich in die Provinz Marib zurück. wo er sich sicher vor seinen amerikanischen Verfolgern fühlte.
Der Jemen galt nicht als Kriegsgebiet im “War on Terror” der Bush-Administration, der zu dieser Zeit hauptsächlich im weit entfernten Afghanistan tobte.

An jenem Tag im November 2002 ahnte al-Harethi nicht dass über ihm bereits der Tod kreiste. Eine amerikanische Predator-Drohne, ein unbemanntes, ferngesteuertes Miniaturflugzeug, verfolgte den Jeep des Al Qaida Terroristen seit Stunden. Gesteuert wurde sie von einem Team der CIA an Bord eines französischen Kriegsschiffs vor der Küste Dschjiboutis, 260km entfernt.

Das jemenitische Fernsehen zeigte wenige Stunden nach dem Angriff, was die Hellfire-Raketen der amerikanischen Drohne von Al Harethi und seinen Begleitern übrig gelassen hatten. Verbrannte Teile des Autowracks und verkohlte Leichen waren alles was vor Ort zu sehen war.
Qaid Sinan al Harethi alias “Abu Ali” wurde zum ersten ranghohen Al Qaida Opfer einer neuen Form der Kriegsführung.

“Wir befinden uns in einer neuen Form des Krieges”, erklärte die damalige Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice nur eine Woche nach dem erfolgreichen Luftangriff im Jemen, “wir haben deutlich gemacht das diese neue Form des Krieges auf verschiedenen Schlachtfeldern geführt wird.”

In den folgenden sieben Jahren setzten die USA in ihrer Anti-Terror-Strategie vermehrt auf den Einsatz der unbemannten Tötungsmaschinen. Die “targeted killings”, wie die Missionen der Drohnen genannt werden, sind mittlerweile das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, islamistische Terroristen rund um den Globus zu eliminieren.

Im Hauptrückzugsgebiet von Al Qaida, den pakistanischen Stammesgebieten, machen die Predator- und Reaper-Drohnen mit modernster Hightech gezielt Jagd auf Terroristen und deren Ausbildungslager. Die Strategie der ferngesteuerten Tötung, die unter der Bush-Administration ins Leben gerufen wurde, wird von Präsident Barak Obama nicht nur weitergeführt sondern intensiviert.
Alleine im laufenden Jahr 2009 gab es bereits über 40 Drohnenangriffe in Pakistan, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 36, im Jahr 2007 gerade einmal fünf. In der Hälfte aller Fälle schlugen die Predators in Süd-Waziristan zu, dem wichtigsten Tummelplatz für Taliban und Al Qaida.
Seit August 2008 starben fast 600 Menschen durch die CIA-Luftangriffe, 2009 waren es durchschnittlich neun Tote pro Einsatz.

Die hohe Opferzahl lässt immer wieder Kritik am Vorgehen der USA im Drohnenkrieg aufkommen, zuletzt von der UN.
“Das Problem mit den USA ist, dass sie verstärkt von den Drohnen Gebrauch machen”, erklärte vor wenigen Wochen der UN-Sonderbotschafter für außergerichtliche, willkürliche Hinrichtungen Philip Alston in einer Pressekonferenz. Er sei sich nicht sicher, so Alston, ob der Drohnen-Einsatz in Pakistan nicht gegen internationales Recht verstoße: “Ich würde gerne die rechtlich Basis kennen, auf denen die USA dabei operieren, mit anderen Worten...Wer betreibt das Programm? Welche Mechanismen der Rechenschaftspflicht gibt es?”
Es könne Situationen geben in denen die Drohnenangriffe mit internationalen Recht in Einklang stehen, dies müsse aber geprüft werden.

Viele der Drohnen-Angriffe der Vergangenheit waren aus Sicht der CIA erfolgreich. Insgesamt konnten bislang 22 ranghohe Terroristen (“high value targets”) getötet und auch Trainingslager zerstören.
Abu Khabab al Masri, Al Qaidas wichtigster Sprengstoffexperte fiel im Juli 2008 einem Predator-Angriff zum Opfer. Zuvor hatten im Januar 2008 die Raketen einer amerikanische Drohne den Chefausbilder des Terrornetzwerkes Abu Laith al Libi getötet. Auch Ahmed Salim Schwedan und Osama al Kini, Planer der Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Ostafrika 1998, kamen auf diese Weise im Januar diesen Jahres zur Strecke.

Bislang wohl wichtigste Zielperson war der pakistanische Taliban-Führer Baitullah Mehsud, der Anfang August Opfer einer US-Drohne wurde. Gerüchten zufolge soll sogar Osama Bin Ladens Sohn Saad Anfang des Jahres in den pakistanischen Stammesgebieten durch einen ähnliche CIA-Operation ums Leben gekommen sein.

Gesteuert werden die neun Millionen US Dollar teuren Predator-Drohnen häufig aus tausenden Kilometern Entfernung. Im amerikanischen Wüstenstaat Nevada fliegen Piloten der US-Airforce die unbemannten Flugzeuge per Joystick. Angewiesen und überwacht werden sie dabei von der CIA.
Videoübertragung in Echtzeit versetzt die Piloten vor ihren Bildschirmen in die Lage, die 10m langen und knapp vier Tonne schweren Flugobjekte über afghanisch-pakistanischem Luftraum zu manövrieren.

Die seit 1995 in Dienst gestellte Predator (MQ-1) und die moderne Reaper-Drohne (MQ-2) können über 24 Stunden ununterbrochen im Einsatz bleiben und dabei auf mehr als sieben Kilometer Höhe steigen. Ausgestattet mit bis zu vier Hellfire-Raketen und mehreren Hochleistungs-Kameras mit Nacht- und Wärmebildfunktion werden die Drohnen zu tödlichen Waffen.

Die Vorteile der umstrittenen Waffensysteme liegen auf der Hand. Mit Hilfe der Drohnen können gefährliche Einsätze ausgeführt werden, für die sonst Kampfjet-Piloten eingesetzt werden müssten. Ohne das Risiko eigener menschlicher Verluste können Terroristen in schwierig zu erreichenden Gegenden aufgespürt und getötet werden. “Beim Verlust einer Drohne muss ich keinen Brief an die Mutter eines Piloten schreiben”, beschrieb ein verantwortlicher US-Militär die Drohnen-Taktik.

Angesichts der steigenden Zahl getöteter NATO-Soldaten in Afghanistan stellen die unbemannten Tötungswerkzeuge einen risikolosen Beitrag zum Kampf gegen Al Qaida & Co dar. Sie erleichtern der pakistanischen Regierung ihr Vorgehen gegen die Terrorzentren in Waziristan, andererseits sorgen andererseits aber durch die Kollateralschäden für eine wachsende Ablehnung der US-Politik in Pakistan. Viele Pakistaner sehen durch die grenzübergreifenden Drohnen-Einsatz die Souveränität ihres Landes verletzt.

Für die Terrornetzwerke wie Al Qaida sind die Drohnen ein Albtraum. Die urplötzlichen, oft zielgenauen Raketenangriffe terrorisieren die Extremisten und zwingen sie zu neuen Strategien. Aufgrund der permanenten Gefahr aus der Luft betreiben die Islamisten keine großen Trainingslager mehr sondern teilen die Terrorrekruten in kleine Gruppen von maximal zehn Personen ein. Große Zusammenkünfte werden vermieden, Mobiltelefone in der Nähe wichtiger Terrorführer sind verboten. In ihnen vermutet Al Qaida versteckte Peilsender mit denen die Drohnen ihre Ziele finden.

Die Administration von Präsident Obama will die Taktik der gezielten Tötung verstärken. Für das kommende Jahr bestellte das US-Verteidigungsministerium bereits 24 neue “Reaper”-Drohnen und Tausende neue Raketen.

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