Thursday, July 15, 2010

Virtueller Gotteskrieger aus Rheinland-Pfalz in Haft


M
ontabaur, Kirchstrasse, ein heruntergekommenes Mietshaus, als Klingelschild nur ein Namenszettel mit Tesa-Film überklebt. Von außen wirkte die Wohnung des Terror-Werbers nicht wie eine hochtechnisierte Propaganda-Werkstatt. Über sehr viel High-Tech-Rafinesse musste Hussam S. auch gar nicht verfügen, um seinem Treiben nachgehen zu können.


Der 24jährige Syrer, der vor gut einer Woche in Rheinland-Pfalz festgenommen wurde, soll ein Anwerber für al-Qaida gewesen sein, ein Internet-Rekruteur der regelmäßig und in großem Umfang Propagandavideos und Schriften verbreitete.
Hussam S., so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sei gar der Administrator eines Online-Dschihad-Forums gewesen und habe zudem islamistische Propaganda, u.a. für die "Globale Islamische Medienfront" (GIMF), ins Deutsche übersetzt.

In einer Agentur-Meldung hieß es dazu:


Al-Kaida-Terrorhelfer festgenommen

Karlsruhe (dpa) - Im rheinland-pfälzischen Montabaur ist ein mutmaßlicher Al-Kaida-Terrorhelfer festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 24-jährigen Syrer vor, im Internet und in Blogs um Unterstützung für verschiedene Terror-Vereinigungen geworben zu haben. Auch soll er als Administrator eines deutschsprachigen Internetforums eine Plattform für Audio-, Video- und Textbotschaften islamistischer Terrorgruppen geschaffen haben. Gegen den Mann wurde inzwischen Haftbefehl erlassen.


Hinter Hussam S. alias "Abdul Wahid" steckt offenbar ein junger Online-Dschihadist, der tatsächlich seit Februar 2009 als Administrator des einflussreichsten deutschen Dschihad-Forums aktiv war. Dort kannten ihn seine Gesinnungsgenossen lediglich unter einem Pseudonym. In der Internet-Szene der al-Qaida Sympathisanten und Unterstützer wird Anonymität groß geschrieben. Fragen privater Natur sind tabu, Privatnachrichten innerhalb des Forums dürfen keine Hinweise auf die Person hinter dem Decknamen enthalten. Jeder Verstoß dieser Regeln, bedeutet Misstrauen und einen Ausschluss aus der Online-Gemeinde.


Innerhalb der Szene stellte Hussam S. augenscheinlich über 100 Video- und Textdateien islamistischer Gruppierungen online. Auf der Videoplattform Youtube verfügte der gebürtige Syrer und gescheiterte Asyl-Bewerber über ein eigenes Benutzerkonto. Seine Videothek, die sich dort findet, enthält u.a. Videobotschaften von Osama Bin Laden und Abu Mussab al-Zarqawi, versehen mit deutschen Untertiteln. Knapp 180 andere Youtube-Nutzer abonnierten Hussam´s Videos, 250 schlossen mit ihm eine Online-Freundschaft.

"Alle Videos dienen nur zur Informationsgewinnung! Der Inhalt spiegelt nicht notwendigerweise meine Meinung wider!"- mahnte Hussam in seinem Youtube-Account. Wohl eher als Scherz gedacht, dürfte der Islamist mit diesem Hinweis wohl kaum ernsthaft geglaubt haben, die Strafbarkeit seines Handelns wäre damit entfallen.


Die Person hinter den martialischen Decknamen aus der Online-Szene ist Familienvater, wohnte aber seit knapp einem Jahr alleine. Hussam S. Vermieter erklärte, er kenne den Mann nicht näher, wisse aber dass er noch eine Familie anderswo habe.
Anderer Quellen zufolge wollte der Online-Dschihadist demnächst unter die Studenten gehen und sich an der Fachhochschule Remagen einschreiben. Bekkay Harrach alias "Abu Talha der Deutsche", al-Qaidas wohl höchstrangiges Mitglied aus Deutschland, hatte ebenfalls dort studiert, war dann aber exmatrikuliert worden. Ob hier eine Verbindung entstanden ist, bleibt Spekulation.


Während Hussam S. in Untersuchungshaft auf seinen Prozess wartet, paniken seine Gesinnungsgenossen im deutschen Dschihad-Forum. Nachdem die Nachricht der Verhaftung des Administrators die Runde machte, wurde das Forum heute gar geschlossen.


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