Saturday, January 16, 2010

Blutiger Sand - Ein Amateurvideo aus dem Jemen zeigt Mordschauplatz deutscher Geiseln


Der britische Fernsehsender Channel 4 News hat vor wenigen Tagen ein Amateurvideo aus der jemenitischen Provinz Sa´adah ausgestrahlt. Aufgenommen wurde der Film kurz nachdem zwei deutsche Bibel-Studentinnen und eine südkoreanische Krankenschwester mitten in der Wüste hingerichtet wurden.



Die drei Frauen waren zusammen mit einer fünfköpfen deutschen Familie und einem britischen Ingenieur, dem Ehemann der Koreanerin, zu einem Ausflug aufgebrochen und entführt worden.
Inzwischen heißt es die deutsche Familie und der Brite seien am Leben und würden noch in der gleichen Region als Geiseln festgehalten. Laut SPIEGEL gibt es eine Lösegeldforderung in Höhe von 2 Millionen US-Dollar.


Anita G. und Rita S wurden noch am Tag der Entführung erschossen

Wer aber die Kidnapper sind, welche Motive sie haben und wie genau die Verschleppung ablief, ist weiterhin unklar. Jemen Regierung behauptet schiitische Rebellen des Houthi-Klans in Zusammenarbeit mit al-Qaida seien in die Entführung verwickelt, die jedoch weisen jede Verantwortung von sich und führen an, dass die Region in der die Ausländer verschwanden komplett vom Militär regiert werde. Dort sei eine solche Aktion nur mit Wissen der Armee möglich.

Das Terrornetzwerk al-Qaida bekannte sich bislang zu keiner Entführung und Jemen wohl bester Kenner der islamistischen Szene, der Journalist Abdulelah al Shay´i erfuhr aus al-Qaida Kreisen, dass die Dschihadisten nicht hinter der Entführung stecken sollen.

Neben der Dauer der Geiselnahme (über sechs Monate), sorgt vor allem die Brutalität mit der die Entführer vorgingen, für Ratlosigkeit. In vergangenen Fällen waren nie Ausländer ermordet worden, viele berichteten gar von einer herausragenden Gastfreundlichkeit der lokalen Stämme, die meist durch Entführungen Forderungen gegenüber der Zentralregierung Nachdruck verleihen wollen.
Dass nun drei Menschen, noch dazu Frauen, regelrecht hingerichtet wurden, lässt Fragen aufkommen. Sind die Entführer am Ende doch skrupellose Verbrecher? Kriminelle und Drogenhändler die auf schnelles Geld aus sind? Haben sich die Frauen zur Wehr gesetzt und wurden deshalb ermordert? Hat man sie erschossen weil sie - anders als die deutsche Familie und der Brite - kein fließendes Arabisch sprachen?

Der missionarische Hintergrund der verschleppten Geiseln deutet darauf hin, dass islamistische Elemente im Nord-Jemen unbarmherzig kurzen Prozess mit den drei Christinnen machten. Kinder zu ermorden wäre aber auch für Dschihadisten ein Tabu was auf diese Weise nicht zu brechen wäre.

Im deutschen Krisenstab arbeitet man derweil intensiv an der Freilassung der noch lebenden Geiseln. Nur die Kinder seien auf zwei im September aufgenommenen Videos zu sehen, hieß es. Diese wurden der Bundesregierung zugespielt und gelten nicht als aktuelles Lebenszeichen.
Jemens Regierung aber ist sich sicher wo die Geiselnehmer die Ausländer festhalten. Sie würden von den Houthis benutzt um deren verwundete Kämpfer zu versorgen, heißt es. Entführt worden seien die Deutschen und der Brite in Zusammenarbeit mit al-Qaida. Dies wäre, historisch einmalig, eine Kooperation zwischen zwei Todfeinden, den extremistischen Salafisten und den Teheran-treuen Rebellen der Zaiditen-Sekte. Eine solche Behauptung, wohl mehr aus der Ratlosigkeit und Unwissenheit geboren, gehört eher ins Land der Märchen.

Mir plausibel scheint folgende Theorie:

islamistische Elemente mit starken Verbindungen zum örtlichen Militär entführten die Ausländer in der Hoffnung viel Geld erpressen zu können. Alleine der "Markenname" al-Qaida hätte den deutschen Lösegeldsack weiter geöffnet, da man es aus Sicht der Bundesregierung vor der Wahl 2009 nicht hätte riskieren können, die Enthauptung einer deutsche Familie in einem Video zu verfolgen.
Anscheinend ging dieser Plan nicht auf, denn der Bürgerkrieg zwischen Regierung und Houthi-Rebellen in der Region Sa´adah eskalierte im Herbst 2009. Sanaa schob die Schuld für die Verschleppung und den Mord an drei Geiseln auf die Schiiten-Rebellen und präsentierte diese damit als menschenverachtende Terroristen.

Nun scheinen jene, die diese Entführung organisiert und angeordnet hatten, die Kontrolle über die Situation verloren zu haben. al-Qaida veröffentlichte kein Video der Geiseln, es gab keinerlei offizielle politische Forderungen und anscheinend kommen erst jetzt Gespräche über Lösegeld ins Rollen.
Sanaa weiß sicher wer die Kidnapper sind, man weiß auch wo sie sich aufhalten. Kontrolle über die Situation hat man jedoch nicht mehr.

No comments: