Wednesday, November 7, 2012

Traurige Wahrheit - Al-Qaida trifft CIA hart


"Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen" - ein Vers des Johannes-Evangeliums, prangt lesbar in den heiligen Hallen von Amerikas "Schattenkriegern", der Eingangshalle des CIA-Hauptquartiers in Langley. Nicht für Freiheit sondern für Schock und Ensetzen sorgte das jüngste Selbstmordattentat im afghanischen Khost, das sieben CIA-Agenten das Leben kostete.

Am Silvesterabend vergangene Woche betrat Humam Khalil Abu Mulal al Balawi, ein vermeintlicher Terrorinformant, den Fitnessraum der ehemaligen Sowjet-Basis "Forward Operating Base Chapman" (FOB Chapman), nahe der Grenze zu Pakistan.
Der kleine Stützpunkt ist die Operationsbasis einer CIA-Einheit, die ihre Behausung zu Ehren des ersten im Afghanistankrieg gefallenen US-Soldaten Nathan Ross Chapman benannte. Der Sergeant und Vater von zwei kleinen Kindern starb im Januar 2002 in einem Taliban-Hinterhalt nicht weit von Khost entfernt.

Jahrelang nun nutzt die CIA das Camp um von dort aus die geheimen Drohneneinsätze im pakistanischen Grenzland zu organisieren und zu steuern. Die Terroristenjäger kämpfen hier an forderster Front, wählen Ziele für kommende Luftangriffe aus und sammeln Informationen von Spionen, abgehörten Telefonaten und Satellitenaufnahmen.

Al-Balawi war nur wenige Stunden vor Betreten der amerikanischen Geheimdienstanlage an der pakistanischen Grenze abgeholt worden. In einem Fahrzeug wurde Jordanier zum Camp Chapman gebracht. Kaum hatte er den Raum voller CIA-Agenten betreten, zündete er seine Sprengstoffweste und riss sieben Amerikaner mit in den Tod. Unter den Opfern befindet sich auch die CIA-Teamleiterin, eine dreifache Mutter in den 30ern.

Das Attentat kurz vor dem Jahreswechsel wird als ein historischer Verlust für den amerikanischen Auslandsgeheimdienst eingehen. Seit dem Selbstmordattentat der Hisbollah 1983 in Beirut waren keine so große Zahl Spione im Dienst getötet worden.

Schon kurze Zeit nach dem Anschlag, bekannten sich die afghanischen Taliban und ihr Pressesprecher erklärte, der Attentäter sei ein uniformierter afghanischer Soldat gewesen. Er habe sich als Informant ausgeben und so Zutritt zu Camp Chapman bekommen.
Hätte sich diese Behauptung als wahr erwiesen, wäre sie skandalös genug. Doch die Wahrheit, die erst jetzt langsam aus Geheimdienstkreisen zu erfahren ist, wirkt wie aus einem Agententhriller und bedeutet einen schweren Rückschlag in Amerikas Anti-Terror-Krieg.

Der Attentäter war kein Afghane, weder Polizist noch Soldat. Er erhielt auch nicht Zugang zur CIA-Basis weil er eine afghanische Uniform trug. Humam Khalil al-Balawi war Informant, ein Spitzel von dem die Amerikaner glaubten er arbeite für sie und gegen al-Qaida.
In Wahrheit spielte der 32jährige Arzt monatelang ein falsches Spiel. Kein verärgerter afghanischer Guardist, sondern ein al-Qaida Doppelagent ermordete sieben amerikanische Geheimdienstler und einen jordanischen Militäroffizier.

Mittlerweile ist bekannt, dass der in Kuwait geborene Suizidbomber vor etwa einem Jahr vom jordanischen Geheimdienst GIP verhaftet und als al-Qaida Sympathisant inhaftiert wurde. Nach Jordanien war der Islamist erst kurz nach der Invasion Kuwaits durch irakische Truppen 1990 gekommen.
Die Agenten des Königshauses wurden auf ihn aufmerksam geworden, als er zu Jahresbeginn, kurz nach der israelischen Offensive in Gaza, in einem palästinensischen Flüchtlingscamp der Stadt Zarqa arbeitete. Die jordanische Industriestadt ist Geburtsort des legendären, inzwischen getöteten irakischen al-Qaida Chefs Abu Mussab al Zarqawi. Ihn soll al-Balawi, den ein ehemaliger Schulkamerad als "tiefgläubig" und "unsozial" beschreibt, seit Jahren verehrt haben.

In Dschihad-Kreisen war al-Balawi nur unter einem Pseudonym, einem Art Nom de Guerre bekannt. "Abu Dujana al Khorasani", nannte er sich und betrieb äußerst aktiv Propaganda über das Internet. Über Jahre hinweg etablierte er sich als einer der einflussreichsten Dschihad-Ideologen des Cyberspace. Jarret Brachman, Terrorismus-Experte am zählt den anonymen Internetschreiberling einen der "Top 5 Online-Dschihadisten".

Al-Balawi betrieb einen eigenen Blog, den er auf der britischen "Isle of Man" angemeldet hatte und auf dem er sein Idol und Helden Osama Bin Laden pries.
Dutzende Schriften, hunderte Einträge und Kommentare hinterlies der Islamist in passwortgeschützten Dschihad-Foren. Sein Intellekt, die Wortwahl seiner Schriften und seine theologische Kompetenz beeindruckten viele Online-Islamisten und brachten al-Balawi wohl auch in Kontakt mit Vertretern von al-Qaida im Nahen Osten.

Junge Islamisten für den Krieg in Afghanistan, Irak und Palästina zu begeistern, war das Hauptanliegen al-Balawis. Muslime aus allen Schichten und Nationen rief er auf, sich den Mudschaheddin anzuschließen. Dabei, so machte er als "al-Khorasani" deutlich, seien die muslimischen Immigranten in Europa und allen anderen Erdteilen nicht ausgeschlossen.

Den eigenen Rekrutierungsaufrufen folgte der gebürtige Kuwaiter letztendlich im März 2009, als er Jordanien Richtung Afghanistan verließ. Der Familie hatte al-Balawi erzählt, er reise in die Türkei, wolle dort seine türkische Ehefrau, eine Journalistin, und die beiden gemeinsamen Töchter treffen.

"Er hat uns reingelegt", berichtet ein Angehöriger, "er hat gesagt er wollte seine humanitäre Arbeit fortsetzen, stattdessen hat er eine Selbstmordaktion verübt."
In einem Interview, dass die Taliban in einem Online-Magazin veröffentlichten, berichtete er unter seinem Pseudonym "al-Khorasani", er habe den Schritt gewagt und sich persönlich dem Dschihad angeschlossen.
"Wenn die Liebe zum Dschihad das Herz eines Mannes erobert", sagte der Humam al-Balawi, "wird ihn nichts davon abhalten, selbst wenn er dies wollte." Die Nachricht von einem Selbstmordanschlag im Irak oder eine neue Botschaft Bin Ladens würde jeden Dschihad-Willigen an seine Pflicht erinnern.

Zu dieser Zeit war sich der jordanische Geheimdienst bereits sicher, al-Balawi wäre "reformiert". Nach seiner dreitägigen Haft in Jordanien versuchten die Geheimdienstler den populären Online-Dschihadisten "umzudrehen. Es gab regen Email-Austausch, bei dem al-Balawi wertvolle, teilweise sogar gefährliche Informationen lieferte. "Wir blieben in Kontakt mit ihm", berichtet ein anonyme, jordanische Geheimdienstquelle, "wir haben die Informationen mit anderen Geheimdiensten geteilt."
Humam al-Balawi, so der Plan der jordanischen Geheimdienstler sollte arabische al-Qaida Zellen in Afghanistan infiltrieren. Falls möglich sollte er an die Führungsspitze des Terrornetzwerkes herankommen, die sich irgendwo im pakistanischen Grenzland aufhalten soll.

Tatsächlich gelang al-Balawi Kontakt zu al-Qaida Elementen in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion herzustellen.
Die Jordanier boten ihren wertvollen Informanten den amerikanischen Kollegen an, die ihn dankbar und begeistert auf al-Qaidas Nr.2, Ayman al Zawahiri ansetzten. Ihn sollte al-Balawi in Waziristan aufspüren und an die CIA verraten.

Entgegen der Annahmen seiner jordanischen Anwerber aber, legte al-Balawi seine Sympathie für und seine Liebe zu al-Qaida nie ab. Im Gegenteil. Den pakistanischen Taliban und dem Terrornetzwerk Bin Ladens bot er begeistert seine Dienste an.
Über Monate gab er Informationen über die Dschihadisten an den jordanischen Geheimdienst und die CIA weiter, einige erwiesen sich sogar als korrekt und brauchbar. Keiner der westlichen Spione ahnte, dass sie es mit einem Doppelagenten zutun hatten.

Wenige Tage vor dem blutigen Attentat in Khost, kontaktierte Humam al-Balawi seine jordanischen Mittelsmänner. Er habe "dringende Informationen über Zawahiri", erklärte er und müsse sie schnellstmöglich an die Amerikaner weitergeben.
Jordaniens Geheimdienst entsandte Captain Sharif Ali Bin Zeid, einen Cousin des Königs Abdullah II. und Vertrauten al-Balawis. Bin Zeit brachte den vermeintlichen Überläufer zur US-Basis, wo der Terrorist ohne Sicherheitscheck bis in die Sporträume der CIA-Mitarbeiter vordringen konnte.

Die pakistanischen Taliban (TTP) verkündeten, es werde bald einen Videobeweis geben, der beweist dass der Attentäter der Jordanier war. Hakimullah Mehsud, Anführer der TTP prophezeite schon vor wenigen Tagen: "Dies wird bald die CIA und die jordanische Regierung zugeben."

Die Familie des Attentäters in Jordanien erfuhr von dessen Tod am Tag nach der Tat über einen anonymen Anrufer, der behauptete im Namen der Taliban zu sprechen. Später kontaktierte Jordaniens Geheimdienst die Eltern und Verwandten al-Balawis und schärfte ihnen ein, mit niemandem über den Vorfall in Afghanistan zu sprechen. Selbst eine Beerdigungsfeier, so berichtet ein Angehöriger, sei ihnen verboten worden.

Captain Bin Zeid kam ebenfalls beim selbstmörderischen Anschlag seines Schützlings ums Leben. In Jordanien erklärte das Königshaus der Agent sei "als Märtyrer im Dienst einer heiligen Pflicht für sein Land" gefallen. König Abdullah II. und seine Ehefrau Königin Rania von Jordanien wohnten der Trauerfeier Bin Zeids bei.












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